Zeitspiel allerorten

Stadtleben // Artikel vom 11.04.2017

Anstatt sich bei der Europahallen-Sanierung auf die von der Stadtverwaltung favorisierte 21-Millionen-Variante zu verständigen, um den seit Mitte 2014 für Großveranstaltungen nicht mehr verfügbaren 9.000er schnellstmöglich zumindest für 4.000 Zuschauer und den Wettkampfsport flottzumachen, votiert die Mehrheit des Gemeinderats dafür, zusätzlich auch noch eine neun Millionen teure Instandhaltung für Schul- und Vereinssport prüfen zu lassen.

Was weitere zwei Jahre Stillstand und genauso viele Millionen Euro kosten könnte. Bei jährlichen Betriebskosten von alleine 500.000 Euro. Zumindest der teils kolportierte Abriss ist damit vom Tisch. Zeit gewinnen will man auch, um das strategische Stadtmarketing neu zu organisieren. Nach dem Abgang von Norbert Käthler gen Trier bilden bis Jahresende nun also die Geschäftsführer von Event und Tourismus GmbH, Martin Wacker und Klaus Hoffmann, die neue Doppelspitze. Mal schauen, ob dies des Rätsels Lösung ist – für die wirklich wichtige Frage: Was tun, um die Innenstadt akut wiederzubeleben? Und zwar nachhaltig! Bei bis zu 40 an der Entscheidung beteiligten Ämtern kann das aber auch kein Martin Wacker richten. Da ist – auch strategisch – der OB gefragt.

Neben der überfälligen Sanierung der Südstadt sollten auch in der City endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden. Zumindest dort, wo’s geht: Weg mit den Parkplätzen im Passagehof, her mit der kulinarischen Belebung des Hofes! Klärung der völlig verfahrenen Situation zwischen Vermieter Kinemathek und Mieter Kurbel – mit einem neuen Untermieter namens Jazzclub! Das würde mit einem publikumsintensiven kleinen Kulturzentrum für eine sofortige Innenstadtbelebung sorgen. Ähnliches gilt fürs Prinz-Max-Palais, wo nach wie vor offenbar nichts vorangeht.

Zudem muss ein neuer Anlauf genommen werden, die Nazidemos rund um den Stephanplatz zu untersagen! Mal abgesehen davon, dass die Hagia-Sophia-Moschee in der Hirschstraße und „Lügenpresse“ wie Der Kurier und INKA mehr oder minder unmittelbar auf der Hassroute liegen: Die von manch einem ins Feld geführte VGH-Schlappe der Stadt aus dem Jahr 2013, als eine rechtsextreme Demo aus Sicherheitsgründen verboten werden sollte (und wegen der zahlreich versammelten Gegendemonstranten dann doch nicht über die Bahnhofsschwelle hinauskam), datiert aus einer Zeit lange vor dem alles verschärfenden Hintergrund der Flüchtlingsproblematik.

Währenddessen durchbrechen die Kombikosten die Milliarden-Schallmauer. Und die Horrorzahl stimmt erneut nicht: Altstadtrat Fischer rechnete schon vor Jahrzehnten hoch, dass U-Strab und Umbau der Kriegsstraße mit Zins und Zinseszins rund 1,2 Milliarden kosten werden. Was also soll die ganze Aufregung? Es werden ohnehin noch mehr, keine Sorge... Gar nicht erst eingerechnet sind außerdem die horrenden Gewerbesteuerausfälle während der Bauzeit, schätzen wir nochmal gut und gerne 500 Millionen. Und in der Zukunft stehen Betriebskosten von ca. 30 bis 40 Millionen im Raum – pro Jahr, alleine für den Tunnel! Macht in 25 Jahren nochmal rund ’ne Milliarde. Was tun angesichts der auch bundesweit erwarteten weiteren Verödung der Innenstädte?

Außerdem fordert Fischer endlich wieder einen Bolzplatz in Mühlburg. Wir auch. Besser gesagt ich: Einst war die ganze Wiese der Ludwig-Marum-Straße ein einziger Bolzplatz, wo täglich zig Mannschaften spielten und sich der Verfasser in die D1 des KSC hochkickte. Womit wir beim anderen Aufregerthema wären: Die Zuschauer haben sich doch schon lange vor dem drohenden Abstieg von ihrem KSC abgewandt. Selbst bei Topspielen kommen keine 15.000 Leute. Runtergewirtschaftet wurde der Club unter Präsident Wellenreuther, ausgeblutet ist er und der Aderlass geht unvermindert weiter, auch in den Jugendmannschaften. Dazu kommt eine katastrophale Kaderplanung plus katastrophale Verträge: Diamantakos oder Kom können ablösefrei gehen, selbst das Abschiedsspiel für Matthias Zimmermann gegen Gladbach (er spielt übrigens längst in Stuttgart) wurde schlichtweg „vergessen“. Marketing?

Wir wundern uns, dass innerhalb der Fanszene nicht endlich jemand Alarm schlägt. Die 3. Liga wird die Abhängigkeit von Welle-Vize Pilarsky noch verschärfen. Der Edelmetallhändler, der jobimmanent viel mit den rohstoffreichen und zumeist nicht eben demokratisch regierten Ländern zu tun hat, sollte dafür sorgen, dass wenigstens im Wildpark nicht weiterhin ein autokratisches Regime geführt wird, das auf den immer gleichen Seilschaften beruht. -rw

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 9 und 4.

WEITERE STADTLEBEN-ARTIKEL