Wohnprojekte fordern Klarheit und Flächen

Stadtleben // Artikel vom 01.05.2023

Gemeinschaftliches Wohnen und stabile Mieten – nicht nur angesichts der Knappheit an Wohnraum erleben Wohnprojekte vielerorts einen Boom und sind in Großstädten sehr gefragt.

In Karlsruhe sind sie dagegen Mangelware. „Selbst in Landau gibt es mehr Wohnprojekte als in Karlsruhe“, sagt Bernhard Reinkurz von der Karlsruher Wohnprojektinitiative Okapi. Jenseits von Renditeinteressen hätten die Wohnprojekte in der Südpfalz, die er selbst als Architekt betreute, einen heutzutage kaum vorstellbaren Vorteil: „Dort wurden in den vergangenen Jahren die Mieten gesenkt.“ Mit den fast 30 in der Initiative Okapi versammelten Mietparteien möchte Reinkurz endlich auch in Karlsruhe ein Wohnprojekt des Mietshäusersyndikats realisieren. Die geeignete Fläche ist schon gefunden: das Areal „Zukunft Nord“ in der Karlsruher Nordstadt. Nachdem der Gemeinderat 2022 die Grundstücksvergabe an Wohnprojekte mit einem Beschluss bekräftigte, schien der politische Weg frei.

Doch Reinkurz und andere Wohnprojektinitiativen klagen: „Die Stadt sollte endlich in die Gänge kommen. Keiner weiß, wann und wie die Vergabe erfolgen soll. Das nervt auf Dauer.“ Trotz der politischen Festlegungen gäbe es noch kein Vergabeverfahren. „Stand heute kann noch keine zeitlich belastbare Aussage getroffen werden, wann bebaubare Flächen ausgeschrieben werden“, gibt sich die Stadtverwaltung auch auf INKA-Anfrage zurückhaltend. Es seien noch mehrere Faktoren wie die Teilerschließung und Umlegung der Grundstücke zu klären. Den Karlsruher Wohnprojekten geht das zu langsam.

Sie haben sich in jüngst in einer Vernetzungsgruppe zusammengeschlossen. Vereint wollen die Projekte Okapi, Soleika und Rüppurr/Weiherfeld/Dammerstock (RüWeiDa) sowie „Gemeinschaftliches Wohnen Karlsruhe“ (GeWoKa) und das Wohnprojekt WoPro für mehr Flächen und eine bessere und schnellere Umsetzung arbeiten. „Wir sind viele Leute, die viel Freizeit reinstecken, um nachfolgenden Generationen etwas zu geben“, sagt Michael Faenck von GeWoKa und klagt über mangelnde Wertschätzung. Dies sei in anderen Städten anders, die Wohnprojekte mit eigenen Ansprechpersonen unterstützen, die in der Kommunikation mit den Behörden unterstützen. „Karlsruhe ist auf dem Feld ein Entwicklungsland. Andere, auch kleinere Städte zeigen, dass es geht.“

Gegenüber INKA gibt sich die Stadt den Wohnprojekten gegenüber aufgeschlossen: „Die Stadt Karlsruhe unterstützt die Bemühungen für neue innovative Wohnformen und gemeinschaftliches Wohnen.“ Viktoria Blesch, die mit Soleika auch gemeinschaftliches Wohnen mit 40 Personen in der Nordstadt realisieren will, erinnert die Kommunikation mit der Stadt an den Passierschein 38 von Asterix. „Niemand sagt, es wäre eine schlechte Idee. Alle sind eher positiv, aber es ist die Frage, ob es bei Lippenbekenntnissen bleibt.“ Die Wohnprojekte wünschen sich mehr Klarheit und Ehrlichkeit in der Kommunikation. Blesch rechnet fest damit, dass es bis Herbst Gewissheit gibt, was die Stadt von den Projekten für die Grundstücksvergabe fordert. „Wir wollen endlich mal Zahlen in die Excel-Tabellen eintragen.“

Mit einer schnellen Entscheidung ist aber auch dann nicht zu rechnen. Die Stadtverwaltung bereitet schon mal darauf vor, dass auch für die Ausschreibungsphase eine „gewisse zeitliche Dimension“ geplant sei. Auch der Wunsch der Projekte nach mehr Flächen für gemeinschaftliches Wohnen sei aufgrund der „bestehenden Flächenknappheit“ kaum umsetzbar. Kurz- und mittelfristig seien Wohnprojekte aber in den Baugebieten „Neureut Zentrum III“ und im „Oberen Säuterich“ in Durlach möglich. -fk

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