Weitere Büros & Hotels am Hauptbahnhof
Stadtleben // Artikel vom 01.03.2023
Manchmal scheint es, dass die Bagger die Züge am Karlsruher Hauptbahnhof abgelöst haben.
Während im Bahnhof jeder dritte Fernverkehrszug mehr als sechs Minuten zu spät kommt, kommen die Glasfassaden der neuen Büro- und Hotelgebäude pünktlich. „Wir sind im vorgenommenen Bauzeitenplan“, heißt es von der Timon Baugruppe, die bis zum Sommer ihr Bürotel am Wasserturm fertiggestellt haben will. Weiter westlich soll bis Ende des Jahres ein ähnlicher Komplex entstehen. Auch im Kadrei sind ca. 200 Hotelbetten und zusätzliche Bürohäuser geplant. Zusätzlich soll nach der Vereinbarung mit der Stadtverwaltung auf 700 Quadratmetern ein Nahversorger oder auch ein Fahrrad-, Möbel- oder Weingeschäft bzw. ein Dienstleister einziehen. Bereits seit mehr als zwei Jahren ist schon 1&1 mit seiner neuen Zentrale hinterm Hbf eingezogen. Die Unternehmenssprecherin gibt sich gegenüber INKA sehr zufrieden: „Die ÖPNV-Anbindung sowie die allgemeine Verkehrsanbindung sind ideal und es gibt ausreichend Parkplätze.“ Die neuen Gebäude passen sehr gut in die eigenen stadtplanerischen Ideen für den exponierten Standort. Der Stadteingang soll auch in Zukunft durch „relativ große, mehrgeschossige Gebäude, sowie einzelne, stadträumlich definierte Hochhäuser charakterisiert“ werden, heißt es vom städtischen Baudezernat.
Einer der wenigen, der schon länger im Bahnhofsgebiet arbeitet, ist Frank Jensen, der den Karosseriebetrieb Elflein in der Fautenbruchstraße führt. Zwar habe sich einiges zum Positiven gewendet, doch ganz zufrieden ist er mit der Entwicklung nicht: „Wie viele Hotels braucht man denn noch“, fragt er sich regelmäßig, wenn er zur Arbeit fährt. Seine Frage kann die Stadtverwaltung auch nicht beantworten. Das letzte Hotelgutachten stammt aus dem Jahr 2016 und konnte die großen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Messen, Geschäftsreisen und andere für den Hotelbetrieb relevante Reiseanlässen nicht berücksichtigen. In diesem Jahr soll ein neues Gutachten angegangen werden.
Doch auch die vielen entstehenden Bürogebäude werfen bei Jensen Fragen auf: „Viele Büros stehen leer. Wenn Karlsruhe digitaler wird, braucht man nicht mehr so viele Büros“, sagt er. So können bei 1&1 Beschäftigte zwei Tage pro Woche im Homeoffice verbringen und die Büroflächen wurden im Zuge der Pandemie für „Kollaborationen und sozialen Austausch“ umgenutzt. Im Bürotel und im Kadrei seien bislang etwa die Hälfte der Büroräume vermietet, sagen die Betriebe. Jensen wünscht sich auch andere Nutzungen für das an einigen Stellen noch brachliegende Areal. „Viele Betriebe suchen händeringend Flächen, aber wir bauen nur Büros. Der Mittelstand und das Handwerk werden vernachlässigt.“ Auch er selbst suche Flächen für eine Erweiterung, das Handwerk wolle auch nicht immer nur an den Rand der Stadt. „Aber ich bekommen nichts.“ Seine Erklärung: „Mit Geld kann man sehr viel erkaufen.“ Dazu wünscht er sich zur Belebung des Areals, dass die Planungen für den Busbahnhof endlich Fahrt aufnehmen.
Vor mehr als drei Jahren hatte der Gemeinderat bereits eine Verlegung auf das Areal gegenüber dem Wasserturm beschlossen, doch die Pläne liegen derzeit brach. „Die Auswirkungen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt und den Fernbusverkehr ließen eine Entscheidung über eine nachhaltige Bebauung nicht zu“, heißt es von der Stadtverwaltung. Einen baldigen Bau werde es nicht geben. Die Fläche werde noch als Parkplatz und künftig als Lager für die vielen Baustellen in der Gegend gebraucht. Bei den weiteren Planungen blieb die Stadtverwaltung zurückhaltend und nannte nur das geplante Schwarzwaldtrio im Westen des Areals, das wiederum für Büros, Gastronomie, Handel und Hotel genutzt werden soll. Obwohl viel Positives passiert sei, ärgert Jensen die bestenfalls zurückhaltende Informationspolitik. „Niemand sagt, was genau geplant wird, und wenn man es erfährt, ist es zu spät.“ -fk
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