Veränderungen im Eil- & Schneckentempo
Stadtleben // Artikel vom 01.10.2020
Zu Super INKA #2/2020 erreichten uns viele Rückmeldungen von LeserInnen, die die Mischung aus gewichtigen kulturellen und hintergründigen Stadtentwicklungsthemen sehr schätzten.
Grund genug für uns, an den Themen dranzubleiben und nun auch an dieser Stelle auf die letzten Entwicklungen seit dem Erscheinen von Super INKA einzugehen. Die Ausgabe ist weiterhin an einigen Verteilstellen, als E-Paper auf www.inka-magazin.de sowie im United Kiosk (www.united-kiosk.de) erhältlich. Der Veränderungsprozess der Stadt verläuft auch in der Innenstadt schleichend. Nach der Rettung der Karstadt-Häuser sollen die beiden großen Kaufhausfilialen zumindest bis 2030 eine weitere Bewährungszeit erhalten. Leichte Veränderungen gibt es aber doch: Aus Karstadt Sport wird noch in diesem Jahr Sport Scheck. Weit gravierender dürfte der Wandel schon bald den in der Innenstadt lange dominanten Mode-Einzelhandel treffen. Bundesweit sank der Umsatz der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederwarengeschäfte in den ersten sieben Monaten um fast ein Drittel, eine Erholung ist nicht in Sicht. Minimale Bewegung gibt es bei der Sanierung des Prinz-Max-Palais’. Die Pläne, die neben der Renovierung auch die Erweiterung um eine Etage mit einem 250 Quadratmeter großen Veranstaltungssaal vorsehen, wurden im Kulturausschuss gebilligt und warten nun erneut auf die Zustimmung des Gemeinderats.
Der Leiter des Hauses, Hansgeorg Schmidt-Bergmann, hofft auf eine Fertigstellung im Jahr 2024 – eine mit Blick auf den jahrelang andauernden Planungsprozess um das baufällige Gebäude eine hoffentlich nicht allzu optimistische Prognose. Jagd auf die Genehmigungsrekordzeit hat die Stadtverwaltung demgegenüber beim Neubau von 1&1 hinterm Hauptbahnhof gemacht. Schon in den nächsten Wochen sollen die knapp 2.500 Mitarbeiter ihre Büros beziehen können. Nicht eingeplant wurden gastronomische und andere Angebote jenseits des Büroalltags zur Belebung der riesigen Fläche in zentraler Lage. Für die Versorgung der Beschäftigten muss somit das denkmalgeschützte Kesselhaus als Betriebskantine herhalten. Die früher dort ansässigen Künstler haben wie die anderen in den einstigen Ateliers hinterm Hauptbahnhof dagegen immer noch keine neue Bleibe. Trotz ihres weitgehend abgeriegelten Büroalltags müssen die 1&1-Beschäftigten irgendwo wohnen.
Die Bürger-Gesellschaft der nahegelegenen Südstadt macht sich schon länger Sorgen um die Verdrängung der dort heute noch lebenden Bewohner. Um den Anstieg der Mieten zu verhindern und die Kultur des Stadtteils zu bewahren, forderte sie eine Erhaltungssatzung für die Südstadt. Im vierten Anlauf beschäftigte sich der Gemeinderat tatsächlich Ende Juni mit dem Anliegen. Nach monatelangem Hinauszögern erklärte OB Frank Mentrup zur Entscheidung würden Daten fehlen. Eine Arbeitsgruppe wurde eingerichtet. Ob alle erforderlichen Daten zur angestrebten Entscheidung im Herbst vorliegen werden, darf bezweifelt werden. Dabei hofft die Bürger-Gesellschaft auch, dass eine Erhaltungssatzung hilft, die Stadtverwaltung ihr Vorkaufsrecht bei Immobilienverkäufen häufiger nutzt, um diese Grundstücke dann an Genossenschaften und die vielen interessierten Wohnprojekt-Initiativen für sozialen Wohnraum weiterzuverkaufen. Gleich den ganz großen Veränderungsprozess will der KSC angestoßen haben. Als dessen Schirmherr wurde von den Mitgliedern mit dem ehemaligen Vize Holger Siegmund-Schultze ein alter Bekannter aus dem alten Präsidium auserkoren. An seiner Seite neu dabei: Bauunternehmer Martin Müller.
INKA gegenüber äußerte er noch im Juni, dem Verein als Investor nur „beratend zur Seite“ stehen zu wollen, „und zwar ohne in das operative Geschäft einzugreifen“. Schon die zweite Kehrtwende in kurzer Zeit. Bereits seine Beteiligung am „Bündnis KSC“, das den ehemaligen Präsidenten Wellenreuther zu Fall brachte, bestritt er anfangs, um sich dann später als Kopf des Bündnisses zu outen. Im KSC-Präsidium sitzen damit jetzt zwei der Hauptaktionäre der ausgegliederten Profiabteilung und mit Müller gleichzeitig noch ein Vertreter des Top-Sponsors. Dessen Gründer und Namensgeber Christoph Gröner zieht es immer stärker zurück nach Karlsruhe. Kein Wunder, mit dem von der Stadt gebauten Stadion findet er für die CG optimale Bedingungen vor. Sein Interesse für den Fußball liegt nach eigenem Bekunden in erster Linie in den Gesprächen mit den Bürgermeistern in den Stadionlogen, bei denen sich lästige Baubeschränkungen aus dem Weg räumen ließen. Der öffentliche Beitritt von OB Mentrup zum KSC ist dabei sicher nicht von Nachteil. -fk
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