INKA-Interview mit den Bürgermeistern Stapf und Obert

Stadtleben // Artikel vom 12.04.2014

Neben dem Gezerre um die Karl-Apotheke und den Stephanplatz sowie den Plänen eines Betonablufturms am Karlstor, der mittlerweile dank neuer Technologien komplett überflüssig geworden sein soll und laut OB Mentrup nicht kommen wird, brachte kein anderes Thema die Karlsruher zuletzt so in Wallung wie die geplante Einführung der Papiertonne bei gleichzeitig nur noch vierwöchiger Leerung der Wertstofftonnen.

Die Kommentare der INKA-Glosse „Alles Idioten oder radikale Wutbürger?“ vom März brachten auch zwei Bürgermeister in Wallung, die hier beide im Interview mit Roger Waltz zu Wort kommen: BM Michael Obert fühlte sich falsch zitiert – er sei sehr wohl gegen den Abriss der Karlapotheke und eine Bebauung des Stephanplatzes. Er bezieht Stellung zur Stadtplanung; BM Klaus Stapf, der sich humorig „gut in die Reihe der Idioten aufgenommen“ sah, zur Papiertonne.

 

INKA-Interview mit Bürgermeister Klaus Stapf zur Papiertonne

INKA: Warum wurde nicht erst einmal eruiert, wie sich die Abfall-Tonnensituation in den jeweiligen Stadtteilen darstellt, bevor der Gemeinderat Beschlüsse dazu fällt?
Klaus Stapf: Wir haben den logistisch optimierten Vorschlag unterbreitet, die Wertstofftonne nur noch vierwöchig zu leeren und in den beiden anderen Wochen die Papiertonne. Wir hatten vor, gebietsweise bei engen Platzverhältnissen zweiwöchig zu leeren, aber wir hätten hier von vornherein mehr Flexibilität zeigen sollen. Inzwischen sind wir soweit zu sagen: Wenn die Bürger eine zweiwöchige Leerung der Wertstofftonne wünschen, dann werden wir das auch weiter anbieten und zusehen, wie wir bei der Papiertonne die Kosten stabil halten.

INKA: Wie kam es denn zu diesem Infogau?
Stapf: Ich hatte ursprünglich vor, das Thema im Sommer 2013 in den Gemeinderat zu bekommen. Dann gab es den Amtsleiterwechsel im Amt für Abfallwirtschaft hin zu Stefan Kaufmann und in solchen Phasen ist es nicht ganz einfach, Termine zu halten. Weil die Papiertonne in den meisten Städten problemlos funktioniert, haben wir den Widerstand unterschätzt. Parallel zum Beschluss im Dezember hätten wir eine Informationsoffensive starten müssen – aber nach der Weihnachtszeit war die Welle längst ins Rollen geraten. Viele Kritikpunkte lassen sich eindeutig auf Desinformiertheit zurückführen.

INKA: Ist die geplante Einführung eine versteckte Müllgebührenerhöhung?
Stapf: Wir haben die Müllgebühren in den letzten sechs Jahren um moderate sieben Prozent erhöht. Und die Einführung der Papiertonne soll dazu nicht beitragen. Es ist also eindeutig keine Gebührenerhöhung.

INKA: Liefert sich das Amt für Abfallwirtschaft einen Privatkrieg mit den Betreibern der Blauen Tonne?
Stapf: Nein, aber wir sind im Gespräch. Dabei wird auch bewertet, inwiefern bestehende Vereinbarungen Gültigkeit für die Zukunft besitzen. Es ist für den Bürger jedoch gar nicht so wichtig, ob die Tonnen privat oder städtisch bereitgestellt werden. Für ihn zählt der Service. Das ist nach meiner Erfahrung wichtiger als die Gebühren – in einem gewissen Rahmen versteht sich. Wir versuchen, das Problem bürgernah zu lösen, auch wenn wir die Karlsruher nicht vor die Frage stellen können: Papiertonne – ja oder nein. Dafür gibt es eine klare Ansage des übergeordneten Fachministeriums. Aber über das Wie beteiligen wir die Bürger sehr wohl. Der Erhebungsbogen dafür wird gerade entworfen. Wir wollen neben der Papiertonne drei Wege anbieten: zum einen die Vereinssammlungen erhalten, indem wir die Vereine organisatorisch unterstützen und diese Sammlungen auch vermarkten. Der zweite ist, das Papier in den Wertstoffstationen abzugeben wie bisher auch. Und eine gute Idee aus der Bürgerschaft war, dieses Bringsystem auch den Schulen anzubieten.

INKA: Wie steht es mit den Vereinssammlungen?
Stapf: Die Vereine nehmen zwischen 30 und 40 Prozent des Altpapiers ab und das soll auch so bleiben. Ich persönlich hätte kein Problem damit, wenn sie alles einsammeln. Dafür müssten die Vereine allerdings eine funktionierende Infrastruktur schaffen und das würde sie in der Fläche wohl überfordern. Es gibt Stadtteile, in denen nur ganz selten gesammelt wird. Wir sind hier immer für Gespräche offen.

INKA: Die Papiertonne kommt also auf jeden Fall?
Stapf: Definitiv. Das Umweltministerium hat erneut dargelegt, dass Papier und Pappe ab 1.1.2015 nicht mehr in der Wertstofftonne entsorgt werden dürfen.

 

INKA-Interview mit Bürgermeister Michael Obert zur Stadtplanung

INKA: Thema Europaplatz/Stephanplatz: Es gab offenbar mehrere Treffen des Postgalerie-Eigners, eines internationalen Immobilieninvestors, mit BM Mergen und Ihnen. Die Stadt hat offenbar auch mehrere Prozesse gegen ihn verloren, auch soll es um Ausgleichszahlungen in zweistelliger Millionenhöhe für den U-Strab-Bau gehen. Bekommt der Investor daher Unterstützung bei seinen Vorhaben, entlang der U-Strab-Baustellen sein Immoblienportfolio beträchtlich zu erweitern?
Michael Obert: Es gibt immer Investoren, die an die Stadt mit Ideen und Wünschen herantreten. Das ist grundsätzlich nichts Verwerfliches. Öffentliche Räume wie der Stephanplatz sollten aber im Besitz und in der Verfügungsgewalt der Stadt bleiben. Es war ein Fehler, dass man vor Jahrzehnten nicht das Angebot der Post angenommen hat, den Platz vor der Hauptpost für einen symbolischen Preis zu übernehmen.

INKA: Stephanplatz und Karl-Apotheke: Beides ist auch Thema einer Veranstaltung des Bürgervereins Stadtmitte am 29.4., 18.30 Uhr im Stephanssaal...
Obert: Ich sehe keinen Veränderungsbedarf im Sinne einer Neubebauung der Karl-Apotheke. Wenn man etwas „spintisieren“ will, könnte man vielleicht darüber nachdenken, sogar die alte Anmutung (mit Dach) wiederherzustellen. Ich bin aber kein Freund der „Betontore“, hier könnte ich mir eine Verbesserung vorstellen – das alles aber unter Beteiligung der Bürgerschaft. Auch ein kleiner „Viktualienmarkt“ wäre nett.

INKA: Kann die Stadt nicht durch den Erwerb von Flächen oder Gebäuden selbst mehr Gestaltungsmöglichkeiten zurückgewinnen?
Obert: Ja, meiner Meinung nach muss sich Stadtplanung/Stadtentwicklung mehr über städtisches Eigentum abwickeln. Das gilt für Entwicklungs-Flächen (z.B. wäre die Südstadt-Ost so ein Gebiet gewesen), aber auch für einzelne Gebäude, deren Erscheinungsbild und/oder Laden-Besatz so besser gesteuert werden kann. Ein Beispiel wäre der Schellingbau der ehemaligen Elsässischen Bank Ecke Kaiser-/Douglasstraße sowie überhaupt die Entwicklung der Kaiserstraße, wo nur durch strategisch gesetztes städtisches Eigentum Fehlentwicklungen entgegengesteuert werden kann.

INKA: Ähnliches hätte man sich auch beim sogenannten C-Areal in der Nordstadt gewünscht. Wie ist dort der aktuelle Sachstand?
Obert: Es ist schade, dass das C-Areal nicht erworben werden konnte, 2006/07 ist hier die Gelegenheit leider verpasst worden. Wir haben die Absicht, in einem wesentlich größeren Umgriff als nur dem C-Areal eine öffentliche Planungswerkstadt durchzuführen und das Gebiet durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zertifizieren zu lassen. Der mögliche Investor ist für die Sache aufgeschlossen.

INKA: Ebenfalls in der Nordstadt ist eine maßvolle Blockrandbebauung entlang des Alten Flugplatzes geplant. Wie ist dort der Stand?
Obert: Das wird im Zuge der obigen Planung mitbearbeitet.

INKA: Rheinstraße/Entenfang: Wie ist der aktuelle Planungsstand für den Abriss der Post und den Neubaubeginn? Wie kommt die geplante „Fußgängerisierung“ der kleinen Rheinstraße Richtung Rheingold voran?
Obert: Das Postareal besteht aus zwei Bauabschnitten, die eigentliche Post kommt nach meiner Kenntnis erst nach 2017 in Frage. Der hintere Bauabschnitt war für 2015 geplant. Der Umbau der kleinen Rheinstraße beginnt im Mai.

INKA: Thema Kaloderma – was ist hier geplant?
Obert: Hier bleibt die Entscheidung des Eigentümers Land abzuwarten. Werden dort sämtliche Dienststellen des Polizeipräsidiums zusammengezogen, ist nicht viel möglich. Wird nur ein Teil verwendet, kann insbesondere der Blockrand anderen Nutzungen (z.B. dem Wohnen) zugeführt werden. Sollte das Land den Standort aufgeben, wäre die Stadt interessiert. Hier könnte Wohnen zusammen mit kreativen Nutzungen entstehen.

INKA: Thema Pfizer – wie ist hier der Sachstand?
Obert: Die Baugenehmigung für den ersten Bauabschnitt (eine Logistikhalle) ist erteilt, für den zweiten Bauabschnitt sind umfangreiche Artenschutzgutachten erforderlich. Der Pfizer-Park ist gesichert.

INKA: Die Trabantenstadt Südost scheint ohne Anbindung an die Südstadt – und wird östlich durch eine mehrspurige Straße vom Schlachthofgelände getrennt. Ein jetzt schon verödet wirkender Schlafstadtteil kann ja nicht im Sinne der Stadtplanung sein. Haben Sie Ideen?
Obert: Pessimistisch bin ich, was den (noch nicht fertiggestellten) Quartiersplatz angeht. Wir müssen versuchen, ihn attraktiv zu machen für Nutzungen in den Erdgeschosslagen. Ich hoffe allerdings, dass die Erdgeschossnutzungen entlang der Ludwig-Erhard-Allee zusammen mit der Esplanade und der künftigen Nutzung auf der Oststadtseite zu mehr Urbanität führen werden. Ganz so schlecht wie es in Ihrer Frage anklingt, würde ich die Zukunft dieses Stadtquartiers nicht sehen.

INKA: Thema Schließung der Halle 14: Bitte geben Sie ein Statement ab. Sie sind ja auch ein Kulturmensch und spielen Theater.
Obert: Ich habe mich hier eingeschaltet. Das Problem ist nicht so sehr der Bebauungsplan, obwohl ein in Betrieb befindlicher Hafen nun mal etwas anderes ist als ein aufgelassener Althafen. Das Hauptproblem ist und bleibt der Brandschutz – die Schließung ist das Ergebnis einer durchgeführten Brandschutzschau. Eine Genehmigung als Versammlungsstätte hatte die Halle nie und dies war auch nie beantragt. Eine solche Halle ist nun mal nicht als Versammlungsstätte geeignet, ein entsprechender Umbau unverhältnismäßig teuer und dazu kommt dann noch das Problem des B-Planes. Proberäume sind übrigens möglich – auch nach dem B-Plan. Es ist außerordentlich schwierig, in Karlsruhe solche Räume zu finden, da es nun mal kaum Leerstände gibt. Karlsruhe betreibt – eigentlich richtigerweise – zur Schonung der Fläche sehr viel Innenentwicklung, was auf der anderen Seite dazu führt, dass Freiräume der gewünschten Art verloren gehen.

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