Ibo Smalls, der Macher des „Hook Up Festivals“
Stadtleben // Artikel vom 01.05.2023
Karlsruhes Hip-Hop-Legende im INKA-Interview.
INKA (Roger Waltz): Lang ist’s her, dass wir uns das erste Mal trafen, ich schätze in den 90ern. Du warst damals als „Ibo Fat“ Rapper der „Old Side Allstars“ und kommst aus der Hip-Hop-Szene der Weißen Rose in Oberreut. Wie fing alles an – wie kamst du zum Hip-Hop?
Ibo Smalls: Hallo Roger, erst mal danke für deine Zeit und das Interview. Danke, dass auch kleine Macher die Gelegenheit haben, sich vorzustellen! Angefangen hat alles bei mir 1990, als ich in der Grund- und Hauptschule Oberreut dem Nico beim Graffitisprühen zugeschaut habe. Das hat mich in dem Moment so gecatcht, dass ich das auch machen wollte und so fing ich an, mich mit der Materie auseinanderzusetzen. Hip-Hop ist seitdem bis heute meine große Liebe. Wir beide haben uns glaube ich 1998/99 kennengelernt. Du hast uns damals supportet, indem du in diversen Zeitungen über uns berichtet hast. Das war für uns eine große Sache!
INKA: Welche Bedeutung hat deine Oberreuter Hood für dich?
Ibo: Eine sehr große. Da es ein sozialer Brennpunkt ist und ich dort aufgewachsen bin, hat es mich schon sehr früh in meinem Leben stärker gemacht, weil man da mehr kämpfen muss, um etwas zu erreichen. Geschenkt wird einem ja nichts im Leben – und uns aus Oberreut schon zweimal nicht.
INKA: Du bist ein Urgestein der Szene, auch als Veranstalter von Partys, Jams und Festivals. Wie siehst du die hiesige Rapszene? Musikalisch, textlich? Wer gefällt dir, wen feierst du? Welche Rolle spielen die Weiße Rose oder das Hip-Hop-Kulturzentrum Combo?
Ibo: Damals vor 30 Jahren wollten gewisse Stimmungsmacher unsere Szene immer zu einer Modeerscheinung abstempeln, die ja bald aussterben wird. Jetzt ist die Rapszene, die ein Teil vom Hip-Hop ist, nicht mehr wegzudenken. Die Charts werden seit einigen Jahren von deutscher Rapmusik dominiert. Ich persönlich bin jetzt nicht der größte Fan von allen aktuellen Rappern, aber es macht mich trotzdem stolz, dass Leute, die aus dem Nichts kommen, etwas Großes erschaffen und volle Arenen und Festivals als Headliner spielen. Das ist gut für unsere Szene. Die Weiße Rose war mein Wohnzimmer. Ich war an fünf von sieben Tagen dort und wir haben dort jeden Tag alles, was mit dem Thema Hip-Hop zu tun hat, gelernt und uns weiterentwickelt. Die Jams waren deutschlandweit legendär und ich durfte sie ab dem Jahr 1996 zusammen mit dem Stadtjugendausschuss veranstalten. Wir haben das groß gemacht.
INKA: Welche Jams und Festivals sind dir besonders in Erinnerung geblieben?
Ibo: Eigentlich nur Jams, weil es damals nicht möglich war, Rapper oder andere Hip-Hop-Bereiche auf Festivals zu sehen. Die „Weiße Rose“-Jams natürlich, und auch in Mannheim, Heidelberg oder Stuttgart – die Jams waren alle stark. Mein größtes Erlebnis war 1993 in Oberreut auf der „Weiße Rose“-Jam. Die Veranstaltung hatte den Titel „Hip-Hop gegen Ausländerfeindlichkeit“. Die damaligen Stars aus der Szene waren alle in Oberreut und für mich war das damals so, als wäre gefühlt Michael Jackson in unserem Wohnzimmer zu Gast. Ich werde das nie in meinem Leben vergessen und meinen Enkelkindern noch davon erzählen.
INKA: Du hat ja neben puren Hip-Hop-Events auch „Black Music“-Partys veranstaltet, z.B. auf dem Alten Flugplatz in der Nordweststadt. Gibt es überhaupt noch Hip-Hop-Discos?
Ibo: Ja, auch da war ich fast 20 Jahre tätig. Aber mit der Zeit ist und fühlt man sich zu alt dafür. Zurzeit würde ich behaupten, es gibt gefühlt fast nur Hip-Hop-Clubs. Damals war es unmöglich, dass an einem Wochenendtag überhaupt Black Music läuft.
INKA: 2017 hast du erstmals auf dem Messplatz das Deutschrap-Festival „Hook Up“ veranstaltet, bist im Jahr drauf noch im Verbund mit dem „Grashüpfer“ aufs dm-Arena-Wiesengelände gezogen und hast 2022 beide Tage im Alleingang ausverkauft. Beim „HU23“ versammelst du am Fr+Sa, 19.+20.5. die Top Of The Pops aus dem Deutschrap-Game und pokerst ja mit Bonez MC und RAF Camora und vor allem Luciano sehr hoch. Wie läuft der Vorverkauf und vor welchen Herausforderungen steht ihr als Festivalmacher in der Post-Corona-Zeit nach zwei gecancelten Ausgaben?
Ibo: Tatsächlich sind wir letztes Jahr am stärksten von allen Rap-Festivals zurückgekommen und haben im Alleingang das Ding mit 30.000 Besuchern an zwei Tagen ausverkauft. Somit sind wir schon nach fünf Jahren und trotz zwei Jahre Zwangspause zum größten Deutschrap-Festival in Deutschland aufgestiegen – das macht uns sehr stolz. Aber leider nichts dran verdient, wie die meisten Festivals. Nach Corona, Krieg und einer Inflation wurden alle von den Kosten gefressen. Dieses Jahr läuft alles etwas schleppender als in den Jahren vor Corona. Wir denken, dass wir unser Ziel wieder erreichen werden, aber das Kaufverhalten der Leute ist einfach anders geworden. Vieles wird kurz vor knapp spontan entschieden. Das macht natürlich alles schwierig zwecks der Kostenplanung usw., aber das Leben war und ist noch nie einfach gewesen und wir haben schon schwierigere Zeiten überbrückt. Wir bleiben dran!
INKA: Du bietest seit jeher auch den Locals die große Bühne: Haze steht 2023 schon zum fünften Mal auf der „Hook Up“-Mainstage, ebenfalls aus Karlsruhe stammt Nimo, dazu MC KEZ aus Baden-Baden oder die vom Internet- zum Livephänomen gewordenen Hoodblaq aus Ludwigshafen. Warum ist es dir so wichtig, lokale Acts und Newcomer zu supporten?
Ibo: Ich als Patriot würde mich ja selber anlügen, wenn ich nicht viel Wert darauf legen würde, dass viele Locals mit dabei sind. Natürlich in der Hoffnung, dass irgendwann mal der eine oder andere Künstler aus unserem Umfeld das Festival als Headliner rockt. Wir haben das Potenzial hierfür. Deshalb pushen wir das und sind da sehr hinterher. Aber man muss auch sagen, dass einige ihre Chance verspielt haben. Das liegt daran, dass manche Künstler denken, dass sie schon zu groß sind für unser Festival und uns als Bühne für sich nicht brauchen würden. Wer nicht an uns glaubt, an den glauben wir halt auch nicht. Wir machen das nicht nur für uns, sondern für unsere Stadt. Damit irgendwann unsere Kinder auch noch was davon haben.
INKA: Du kennst ja von früher auch Rapperinnen wie Cora E. Ist es nicht an der Zeit, den Frauenanteil zu steigern?
Ibo: Cora war damals leider eine von ganz wenigen, die gerappt haben. Schade eigentlich. Aber heute kann man mit Stolz sagen, dass es im Vergleich zu den vergangenen Jahren viel mehr Künstlerinnen gibt, die den Rap-Markt auf den Kopf stellen. Das ist gut und der richtige Weg. Deshalb hatten wir vergangenes Jahr auch vier weibliche Acts mit dabei, u.a. Katja Krasavice oder Badmómzjay. Beide sind sehr stark und setzen sich u.a. für die LGBTQ-Community ein. Auch dieses Jahr haben wir wieder Rapperinnen am Start. Das wird auch so sein und bleiben!
INKA: Seit 2018 hast mit „Hook Up Muzik“ ein eigenes Management-Label. Welche Künstler sind dort am Start?
Ibo: Wir haben aktuell nur lokale Künstler wie Denje oder Tanessy unter Vertrag. Wir sind ständig auf der Suche nach neuen hungrigen Künstler, die Visionen haben und Gas geben.
INKA: Du bist ja schon lange im Veranstaltungsbusiness. Was machst du sonst noch neben dem inzwischen groß gewordenen „Hook Up Festival“?
Ibo: Tatsächlich haben wir noch drei andere Festivals, die wir veranstalten, bei denen nicht jeder weiß, dass wir dahinterstecken. Wir arbeiten täglich für unsere Ziele. Zudem bin ich zweifacher Familienvater und habe da natürlich auch meine Verpflichtungen.
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