„Der KSC hat eine soziale Aufgabe in der Stadt“

Stadtleben // Artikel vom 15.08.2021

Interview mit Präsident Holger Siegmund-Schultze.

Vor einem Jahr wurde Holger Siegmund-Schultze zum neuen Präsidenten des Karlsruher Sport Clubs gewählt. Nach einem wochenlangen Machtkampf setzte sich der studierte Architekt als amtierender Vize-Präsident gegen mehrere BewerberInnen durch. Ein Firmenkonsortium um den Immobilienunternehmer und heutigen KSC-Vizepräsidenten Martin Müller hatte den Rücktritt des langjährigen Präsidenten Ingo Wellenreuther zur Bedingung für die finanzielle Rettung des Vereins vor einer Insolvenz gemacht. Im Interview spricht Florian Kaufmann mit dem neuen Präsidenten über die Entwicklung des KSC und die gesellschaftliche Rolle des Vereins.

INKA: Neues Stadion, Klassenerhalt und deutlich mehr Ruhe im und um den Verein. Ist nach einem Jahr Amtszeit schon alles gut?
Holger Siegmund-Schultze: Nein, mit Sicherheit nicht. Ich bin beim KSC als Präsident angetreten, um Veränderungen anzustoßen und jeder Veränderungsprozess braucht seine Zeit. Gerade dann, wenn es wie hier im Verein viel nachzuholen gab. Hinzu kommt, dass die Fußballwelt nicht stillsteht. Corona war eine Zäsur und die Zeit, in der es im Profifußball immer weiter nach oben geht, ist zunächst vorbei. Jeder Verein muss künftig mit weniger Mitteln auskommen. Wir müssen aber trotzdem Investitionen ins Stadion und die Jugendakademie sicherstellen. Aber vielleicht bietet die Situation auch Chancen. Im Fußball ist es in den vergangenen Jahren viel zu sehr um Geld gegangen, dabei sind die Emotionalität und Werte wie Fairness und Integrität verloren gegangen, die im Sport wichtig sind.

INKA: Trotzdem wird die Entwicklung des Vereins ja wesentlich vom sportlichen und damit finanziellen Erfolg der ersten Mannschaft bestimmt.
Siegmund-Schultze: Ja, das ist das Zugpferd, aber wir versuchen mit neuen Geschäftsmodellen, zusätzlichen Erträgen aus dem Stadion oder eigener Medienarbeit, das sportliche Auf und Ab abzufedern, sodass schlechte Phasen nicht mehr so stark auf Finanzen und Atmosphäre drücken. Wir wollen mit dem Verein eine Identität schaffen, bei der es nicht nur um Gewinnen oder Verlieren geht. Wir wollen auch dann erfolgreich sein, wenn es sportlich nicht so läuft.

INKA: Wo soll es sportlich in den kommenden Jahren hingehen?
Siegmund-Schultze: Wir müssen auch hier Stabilität schaffen. Wie im vergangenen Jahr gilt es also vor allem möglichst schnell den Klassenerhalt zu schaffen, um auf diese Weise systematisch den finanziellen Spielraum zu erhöhen. Ein höherer Etat führt nicht zwangsläufig zu mehr Erfolg, aber er steigert die Wahrscheinlichkeit für den sportlichen Erfolg und macht einen Abstieg in die dritte Liga unwahrscheinlicher.

INKA: Die Fußball-Europameisterschaft hat auch politische Themen aufgeworfen. Auch der KSC hat sich klar an der Seite der Ziele der LGBTQ-Bewegung positioniert. Welche Rolle hat der Fußball und der KSC gesellschaftspolitisch?
Siegmund-Schultze: Wir wollen gesellschaftlich, nicht politisch wirken. Gerade in der Gender-Diskussion geht es um Toleranz und damit gegen die Diskriminierung anderer Menschen. Das ist keine Frage der politischen Meinung, sondern eine Frage der Haltung. Hier spielt der Fußball eine besondere Rolle, weil er vielen Menschen wichtig ist und sie begeistert. Mir wurde in den vergangenen Jahren gerade von den großen Vereinen zu wenig über Teilhabe eines Proficlubs an der Gesellschaft gesprochen. Schon bei meiner Bewerbung habe ich betont, den Verein wieder mehr in die Mitte der Karlsruher Gesellschaft führen zu wollen. Als großer Verein der Stadt haben wir da auch eine soziale Aufgabe, die wir zum Beispiel mit „KSC tut gut“ zunehmend wahrnehmen.

INKA: Wie passt das Einstehen für eine vielfältige Gesellschaft dazu, dass der Verein einen Mitarbeiter im Funktionsteam beschäftigt, der für die AfD kandidiert?
Siegmund-Schultze: Das ist genau die Differenzierung zur Politik. Fakt ist, dass die AfD eine demokratisch legitimierte Partei ist. Es wäre etwas anders, wenn ein Mitarbeiter Mitglied einer verbotenen Gruppierung wäre. Wir respektieren im Verein andere politische Meinungen und sind überzeugt, dass auch hier Unterschiedlichkeit bereichert.

INKA: Künftig werden die Heimspiele im BB-Bank Wildpark ausgetragen. Nachdem die Stadt jahrelang ihr Image verändern wollte, zementiert das nicht die sprichwörtliche Beamtenstadt Karlsruhe?
Siegmund-Schultze: (lacht) Das müssen Sie die Vertreter der Stadt fragen. Ich habe nie ein Problem mit dem Image gehabt. Die Vielzahl an Beamten ist ein Teil der Geschichte der Stadt, das finde ich nicht schlimm. Karlsruhe ist eine junge, lebendige und innovative Stadt, daran wird der Stadionname nichts ändern.

INKA: Im Frühjahr wurde bekannt, dass durch neue Bauprojekte des neuen Hauptsponsors Hunderte MusikerInnen ihre Proberäume verlieren werden. Wie passt die Verdrängungspolitik der CG Gruppe zu Ihrem Ziel, den KSC wieder in die Mitte der Stadtgesellschaft zu rücken?
Siegmund-Schultze: Da muss man ganz klar sagen, dass wir uns nicht in die Unternehmenspolitik einmischen, wenn durch unsere Sponsoren keine Grundwerte verletzt werden. Wenn man ein gewisses Spektrum an Sponsoring abdecken will, muss man Firmenentscheidungen akzeptieren. Das ist manchmal nicht nur gut für den KSC, aber wenn man wie wir an so vielen Kontaktstellen steht, gibt es immer wieder Konflikte, in die der Verein reingezogen werden kann. Das ist für mich eher ein Beweis dafür, dass wir viele Menschen erreichen, und dabei ist es logisch, dass einem Teil unserer Fans mal etwas nicht gefällt.

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Kommentare

Kommentar von Demokrat |

Einen Afdioten als selbständigen! Busfahrer zu beschäftigen ist durch nichts zu rechtfertigen. (Das ist kein Angestellter, sondern bekommt immer wieder einen neuen Vertrag ). Das ist eine Schande. Mit diesem KSC will ich nichts mehr zu tun haben. Mitgliedschaft schon unter Wellenreuther gekündigt.

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