C-Areal-Investor, Forum Recht & Weibel-Mobbing

Stadtleben // Artikel vom 12.11.2019

Kurz nach Erscheinen der INKA-Oktober-Ausgabe war die Übernahme der KSC-Präsidentschaft des GEM-Geschäftsführers Martin Müller knapp gescheitert.

Der SPD-Kommunalwahlkandidat (Platz 13) hat mit dem künftigen KSC-Hauptsponsor, der CG Gruppe von Christoph Gröner, das größte noch zur Verplanung freie innerstädtische Gebiet gekauft: das C-Areal in der Nordweststadt. Und die Stadt/Volkswohnung dabei überboten. Geschätzt eine halbe Milliarde Invest hat die Immo-Gruppe dort am Start. Es sollen schnell Fakten geschaffen werden. Während es hier ruckzuck geht, hat das Stadtplanungsamt die Pläne für die Untere Hub in Durlach trotz bekanntlich dringend erforderlicher Wohnbebauung anhaltend verschleppt. Fünf Jahre soll weiter nichts gehen. Keine Zeit auch für die Anwohner des Berckholtz-Stifts in der Weinbrennerstr.: Seit 13 Monaten wartet der Verfasser auf eine Antwort aus dem Bauamt. Sie kam jetzt. Nicht per Mail, sondern auf Schildern, die den Baubeginn ankündigen. Ob der lange Grünzug in der Geranienstr. abgeholzt wird, weil stadtplanerisch auf einer Blockrandbebauung bestanden wurde – ich weiß es noch nicht. Es wird vermutlich erst nach Drucklegung dieser November-Ausgabe losgehen.

Exakt zur Drucklegung kam man inzwischen zur Einsicht, dass weder „eine städtebauliche Entwicklungsidee, noch ein Bebauungsplan“ für das im Volksmund schon „Mentrup-Tower“ genannte Landratsamts-Gebäudeensemble besteht. Nun soll doch – der Petition in Stuttgart sei Dank – ein offizieller Wettbewerb her. Investorennähe vs. Bürgerferne: Sowohl das Stadtplanungs- wie das Bauordnungsamt fahren weiter eine kompromisslose Hand gegen die Bürger. Aber was soll ich sagen: In Karlsruhe macht ja die Verwaltung die Politik?! Sie darf durchgreifen wie eine Präsidialdiktatur. Stichwort Marktplatz und die massiven Bürgerproteste: Die Holzbänke der „geplanten“ Betonwüste sind nun auch noch aus Tropenholz, die Pyramide wurde in einer Art Mulde versenkt. Stadtplanerisch und ökologisch also top, Frau Karmann-Woessner! Kampf um jeden Baum auch beim Forum Recht: Hier sollen zwölf Bäume gefällt werden.

Der große bisher oberirdische Parkplatz und der Baumbestand erfordern nicht nur in meinen Augen zwingend einen regulären Architekturwettbewerb. Es kann ja schlecht sein, dass der ehemalige Baudezernent der Stadt mit einem Architekten ankommt, dessen erster und unwürdiger Entwurf dann durchgewunken werden soll? Es heißt glaube ich „Forum Recht“, was hier entstehen soll. Gerade auch die involvierten Richter sollten ein Interesse daran haben, ein bestmöglich entwickeltes Forum Recht zu bekommen. Man erinnere sich: Ikea – kein Architekturwettbewerb. Dommermuths 1&1-Bau am Hbf – ein ästhetischer Schandfleck, abermals kein Wettbewerb. Oder sieht der OB auch beim Forum Recht „Gefahr im Verzug“?

Wo man eigentlich jubeln und Hurra schreien könnte, geht es schnöde weiter mit den Kulturkürzungen. Welche Stadt außer Karlsruhe stutzt sich ihre Flügel selber? Der KSC lagert seine Profiabteilung in eine GmbH & Co. KGaA aus; nicht ausgelagert werden die (unschätzbaren) Kosten für das Staatstheater. Und dieses kann Kulturkürzungen anders auffangen als ein Museumsapparat. Die Fünf-Prozent-Schere der Kulturkürzungen für alle, die damals von Kulturamts-Leiterin Asche als „Kompromiss“ verkauft wurden, trafen nicht nur die vielen Kleinen, die weiter stranguliert wurden, sondern auch die chronisch Unterfinanzierten. Wie „zufällig“ das ZKM. Nicht umsonst beschwerte sich dessen Chef Peter Weibel: Man hatte ihm komplett die Möglichkeit genommen, normal zu arbeiten. Das ZKM ist weiter chronisch unterfinanziert.

Belohnt wird dafür die OB-Wahlhelferin in Grötzingen: Während Anfang Oktober mit großem Aufwand das Kunst- und Kulturhaus N6 neu- und das Fachwerk-Rathaus nach Totalsanierung wiedereröffnet hat, wird Schloss Augustenburg einer französischen Investorenheuschrecke zum Fraße vorgeworfen, die keinerlei Wert auf die Erhaltung der historischen Fassaden legt und alles plattmacht. Dort entstehen noble Altensitze. Dazu gab’s noch die neue Malerdorf-Ohrmarke „Kultur. Gut. Grötzingen.“ samt Logo unter Hinzuziehung einer PR-Agentur. Sprich: Wer etwas für den OB tut – wie die nach langjährigem Streit als Ortsvorsteherin installierte SPD-Wahlkampfmanagerin Eßrich – bleibt von den Kulturkürzungen verschont. Kommt wohl aus dem Investitionsetat. So wird sogar Kulturförderung zum Willkürakt für Wohlverhalten. Bleibt dem Verfasser noch zu sagen, dass er nach Grötzingen eingeheiratet hat und die Kunst und Kultur vor Ort schon immer (kostenfrei) unterstützt.

Weiter Unklarheit in Sachen Weibel-Vertragsverlängerung: Der OB wiederholt beständig seine (falschen) Behauptungen, das ZKM würde „international“ zu wenig machen. Kommen zu wenig indische Programmierer? Die Fakten sprechen eine diametral andere Sprache: Das ZKM ist seit jeher international aufgestellt, hat ständig Gastkünstler, die selbst über Anträge refinanziert werden etc. pp. Auch bei der Förderung der EU-Projekte liegt das ZKM ganz vorn: Die Kunstinstitution hat von 2014 bis ’19 jeweils sechs Förderanträge durch die EU bewilligt bekommen und landet damit auf Platz eins im deutschen Vergleich – sogar noch vor dem Goethe-Institut. Und bei der zweiten Ausgabe ihres Städtevergleichs sieht die Kreativ- und Kulturpotenzial messende und fördernde Forschungsstelle der EU-Kommission Karlsruhe in der Kategorie bis 500.000 Einwohner nach Florenz auf dem zweiten Platz. Als Krönung dann noch der Aufstieg zu den Kapitalen der Kunst und Kreativität mit dem Unesco-Titel „Creative City Of Media Arts“ für KA, das als erste deutsche Stadt in der Kategorie „Medienkunst“ ins Städtenetzwerk aufgenommen wurde und ab 2020 u.a. sein Ausstellungsformat „Open Codes“ in anderen Creative Citys wie Shanghai, Bilbao oder Seoul bringt.

Ohne die Arbeit des ZKM und einen Peter Weibel undenkbar. Bei der Pressekonferenz zur Bewerbung belobigte der OB (im ZKM!) alle Beteiligten und explizit Susanne Asche, Weibel vergaß er wohl. Das ist nicht nur schlechter Stil, sondern ein weiterer Fall von peinlichem Dauermobbing. Als einzig logische und zwingende Konsequenz bleibt uns da nur, noch einmal mehr für eine sofortige Rücknahme der Kulturkürzungen zu plädieren. Warum setzt der neue Gemeinderat nicht endlich ein Zeichen? Warum werfen die Grünen nicht endlich ihr politisches Gewicht in die Waagschale? Gerade in Sachen einer ökologischen Baupolitik und Stadtplanung? Und: Warum schweigen sie zu Kulturthemen quasi komplett? Frage nicht nur ich mich. -rw

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