Karla tanzt 2024: INKA-Interview zum ersten Flinta-Festival Karlsruhe

Popkultur // Artikel vom 08.06.2024

„Muss was im Schritt haben, sonst komm ich ins Line-up nicht rein“, singt Indie-Pop-Musikerin Antje Schomaker, Headlinerin von „Karla tanzt“, in ihrem Selbstbestimmungssong „Ich muss gar nichts“.

Patrick Wurster befragte Laura Lenfant (SAU e.V./Alte Hackerei) und Kim Rollik (Substage) zu Karlsruhes erstem Flinta-Festival.

INKA: Warum ist es Substage, Alter Hackerei, Tollhaus, Jubez und P8 ein Anliegen, ein eigenes Festival für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, Trans- und Agender-Personen zu organisieren?
Karla tanzt: Durch unsere Arbeit sind wir konstant damit konfrontiert, dass der Fokus bei den meisten großen Festivals leider immer noch primär auf männlichen Künstlern liegt. Dabei mangelt es keinesfalls an guten und bekannten Flinta-MusikerInnen! Da wir die Möglichkeit haben, uns nicht nur am Status quo zu stören, sondern ihn aktiv zu verändern, haben wir uns entschieden, ein Festival auf die Beine zu stellen, wie wir es uns wünschen. Jeder ist willkommen, es wird nicht nur ein diverses und unterhaltsames Musikprogramm geboten, sondern auch die Möglichkeit, sich in Talks zu informieren und auszutauschen. „Karla tanzt“ soll vor allem als Safe Space dienen.

INKA: „Das Fest“ rühmte sich gerade, mit Lea und Nina Chuba zwei weibliche Topstars auf der Hauptbühne zu haben und mit einem Anteil von 47 Prozent an weiblichen oder von Frauen geführten Acts deutlich über dem europäischen Durchschnitt zu liegen. Warum legen KulturarbeiterInnen darauf im Moment so gesteigerten Wert, während z.B. vom PoC-Anteil überhaupt niemand spricht?
Karla tanzt: Allein daran, dass es erwähnenswert ist, zwei große weibliche Acts im Programm zu haben, sieht man ja schon, dass es definitiv ein Problem im Status quo gibt – vor allem bei einem Festival wie „Das Fest“, das schon immer ein sehr abwechslungsreiches Programm bietet. Der Fokus ist in den vergangenen Jahren primär auf die Thematik gerutscht, weil Festivals wie „Rock am Ring“ keine bis kaum Flinta-Artists im Line-up haben. Es ist sehr schade, dass dadurch Themen wie die Sichtbarkeit von PoC-KünstlerInnen in den Hintergrund gedrängt werden. Leider ist es nichts Neues, dass sich bei Diskriminierung und Benachteiligung nur auf eine marginalisierte Gruppe fokussiert wird. Gleichberechtigung funktioniert nur auf einer intersektionalen Ebene. Deshalb haben wir bei „Karla tanzt“ versucht, ein Line-up zu zusammenzustellen, das eben nicht nur aus weißen Cis-Frauen besteht.

INKA: Warum genügt es nicht, beim Booking ein Auge aufs ausgewogene Geschlechterverhältnis zu haben, ohne das groß betonen und labeln zu müssen und sich am Ende noch dem Vorwurf auszusetzen, das nur aus zeitgeistigen Marketinggründen zu tun?
Karla tanzt: Es stören sich viele Menschen daran, dass das Musikbusiness immer noch eine derartige Männerdomäne ist. Es ist jetzt einfach mal an der Zeit, jenen KünstlerInnen eine Bühne zu bieten, die bislang immer in den Hintergrund gedrängt wurden. Oft wird damit argumentiert, dass es nicht ausreichend Flinta-KünstlerInnen gäbe – das ist nicht korrekt! Natürlich sollte es genügen, sein Booking divers zu gestalten. Solange es aber noch nicht zur Normalität geworden ist, dass Flinta-KünstlerInnen genauso behandelt werden wie ihre männlichen Kollegen, ist es ein Muss, darüber zu sprechen. Und Aufmerksamkeit auf eine Thematik legt man am besten durchs Labeln mit Begriffen wie „Flinta-Festival“.

INKA: Sollte es schlussendlich nicht allein um gute Musik und weniger um (Identitäts-)Quoten gehen?
Karla tanzt: Da stimmen wir voll und ganz zu. Natürlich ist es ärgerlich, wenn ein Veranstalter lediglich für die Quote Flinta- oder PoC-KünstlerInnen bucht. Auf der anderen Seite ist das Outcome aber dasselbe, unabhängig davon, was die Beweggründe sind: diverses Programm auf den großen Bühnen, das den KünstlerInnen eine Bühne bietet und deren Musik an die breite Masse heranträgt.

INKA: Welche Acts habt ihr im Programm?
Karla tanzt: Unser Line-up besteht aus Antje Schomaker als Headlinerin, Aisha Vibes, Delilah Bon, Haze’evot und Luam. Ergänzt wird das musikalische Programm von durch Sookee moderierten Talks und einer After-Show-Party.

Sa, 8.6., 14 Uhr, Otto-Dullenkopf-Park, Karlsruhe
www.karla-tanzt.de

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Was ist die Summe aus 7 und 7?

WEITERE POPKULTUR-ARTIKEL