Das Fest 2011
Popkultur // Artikel vom 16.06.2011
Nach seinem gelungenen Neustart im vergangenen Jahr fehlt dem Karlsruher „Fest“ 2.0 nur noch finanzielle Sicherheit.
Die Mitmacher strömten trotz Regen: 159.000 Besucher beteiligten sich mit Eintrittsgeld. Und am Ende war’s wie immer. Das Defizit von 285.000 Euro hat die Stadt egalisiert, Fest-GmbH-Geschäftsführer Martin Wacker den Schlechtwettertag einkalkuliert. Von vorn (Bier gegen Bares statt lästigem Getränkebon) bis hinten (Toilettenangebot) wurde vielversprechend nachgebessert.
Die Hauptbühne
Grandios schließt schon mal der Auftaktabend mit dem Punkrock-Klassiker um Greg Graffin und seinen „Partner in Songwriting“, Brett Gurewitz: Bad Religion (Fr, 21.30 Uhr)! So aktuell die Texte, so konservativ geben sich die California-Altpunks, was die musikalische Vermittlung ihrer Botschaften angeht. Dass die Crossbusters aber durchaus für kleine Überraschungen gut sind, zeigt das zum 30. Bandjubiläum im vergangenen Jahr erschienene 15. Studioalbum „Dissent Of Man“.
Ein weiterer Höhepunkt der Hauptbühne sind die Briten Skunk Anansie (Sa, 21 Uhr/Foto), deren kahlköpfige, urgewaltige Bühnenamazone Skin alias Deborah Anne Dyer bereits beim „Fest“ 2006 einen Powerauftritt hingelegt und mit den Akustikversionen von „Weak“ und „Hedonism“ einen gezügelten Vorgeschmack auf das gegeben hat, was dem Hügel nun bevorsteht. Damals waren die Skunkz Musikgeschichte; 2010 erschien mit „Wonderlustre“ das Reunion-Album, auf dem sich das 90er-Crossover-Quartett allerdings etwas moderater gibt als zu Bestzeiten.
Und auch die Helden (So, 19 Uhr/Foto) um Judith Holofernes und ihren aus Karlsruhe stammenden Gatten Pola Roy kehren wieder. Beim letzten Gig 2004 war grade ihr Debüt „Die Reklamation“ angesagt; aktuell singt Judith kaum raus aus der Babypause „Bring mich nach Hause“. Vor „Wir sind Helden“ versetzt die dänische Gitarristin Aura Dione (So, 17.30 Uhr/Foto), deren „I Will Love You Monday“ lange mit den deutschen Charts geflirtet hat, Folk mit Elektronischem, Country, Pop und Dub sowie einer opulenten, gelegentlich auch sonderbaren Instrumentierung.
Hinter Huecco (Fr, 19.30 Uhr) steckt der spanische Latin-Rocker Ivan Sevillano Perez. Für seinen zuletzt 2008 auf Platte erschienenen Rumbatón mischt er amerikanischen Rock mit lateinamerikanischer Musik, weiß aber auch den Flamenco seiner Heimat gewinnbringend zu verwerten. Dann darf sich Johnny Borrell – früherer Bassist der Libertines und nun Sänger wie Gitarrist bei den nach „America“ und „Wire To Wire“ nicht mehr ganz so überschwänglich gefeierten Britpoppern Razorlight (Sa, 19 Uhr) – vom Mount Klotz das Ego kraulen lassen.
Und dass ein Headliner nicht viel Dezibelstärke auf die Bühne stellen muss, um Stimmung zu verbreiten, haben vergangenes Jahr die Monsters Of Liedermaching bei ihrem Wandergitarren-Sitzpogo gezeigt. Van Canto (Sa, 23 Uhr) kommen vom Schlagzeug abgesehen sogar ganz ohne Instrumente aus – und das, obwohl sie als Metal-Band firmieren. Das deutsche Sextett musiziert a cappella: Hämmernde Bassläufe rattern ebenso aus ihren Mündern wie schneidige Gitarren samt Soli, flächige Keyboardbegleitung und zweifacher Leadgesang.
Ihre Mischung aus Eigenkompositionen und gecoverten Klassikern wie Iron Maidens „Fear Of The Dark“, „Kings Of Metal“ von Manowar oder Metallicas „Battery“ ist „Wacken“-erprobt und wird auch am Hügel zünden. Da der Sonntags-Headliner (21 Uhr) vornweg ein Konzert zu marktüblichen Konditionen auf der Open-Air-Tourlist hat, müssen die „Fest“-Gänger noch ein wenig schmoren... Die Badische Staatskapelle bestreitet ihr „Klassikfrühstück“ (So, 10.30 Uhr) diesmal mit Meisterwerken großer Komponisten, orchestralen Jazz verspricht das anschließende Konzert der Galápagos Big Band (So, 13 Uhr) aus Heidelberg.
Der lokale Rest vom „Fest“ auf der Hauptbühne: Karlsruhes Koteletten-Rock’n’Roller Fat Fuck (Fr, 17 Uhr) und die drei Ettlinger Metal-Brüder Sons Of Sounds (Fr, 18 Uhr), The Bush Of Ghosts (Sa, 15.30 Uhr) mit ihrem „experimentellen Alternative Wave Rock“ aus Karlsruhe, die Baden-Badener Indie-Rocker Empty Beauty (Sa, 17.30 Uhr), der Karlsruher Singer/Songwriter Jan Wittmer und Band (So, 14.30 Uhr) sowie Full Spin (So, 16 Uhr/Foto), das Rock-Trio aus Mannheim um Frontfrau Steffi Spingies.
Die Zeltbühne
Auf der eintrittsfreien Zeltbühne bekommen nach dem Auftritt der Karlsruher Gewinner des „Mashody“-Contests „Rap gegen Extremismus“, Katun Musik (Fr, 16 Uhr), alle MCs Gelegenheit, beim Freestyle Battle (Fr, 16.30 Uhr) verbal die Klingen zu kreuzen. Noch mehr HipHop gibt es mit der Freiburger Crew Qult (Fr, 18 Uhr). Weiter geht’s mit den Beat-Junkies Dondan & Nasty Fingers alias London Nebel (Fr, 19 Uhr) und ihrem Dubstep-Synthie-Massaker, und nach dem hiphoppenden Damion Davis (Fr, 20.15 Uhr) sind als Headliner des Abends Jamaram (Fr, 22 Uhr/Foto) angekündigt, ein Münchner Achter, der mit seinen für gewöhnlich aus HipHop, Dancehall, Pop, Latino-, Afro- und Balkanbeats schöpfenden Tunes locker jede Festivalbühne abreißt.
Lautstark eröffnen Juvenalis (Sa, 16 Uhr) um den Karlsruher Konzertveranstalter Chris Marmann tags drauf mit Postrock, und auch die punkrockenden Biestig-Zwillinge (Sa, 17.15 Uhr/Foto) Anne und Jule haben als Töchter von Alte-Hackerei-Wirt Plüschi lokalprominenten Background. Die sieben Franco-Schwarzwälder von Contenance In The Fridge (Sa, 18.30 Uhr) vollführen mit Einflüssen aus Reggae, Folk oder Samba Ska-Punk in seiner tanzbarsten Form.
Melodischen Hardcore zocken die Engländer Your Demise (Sa, 20 Uhr), und auf dem Lehrplan der Sondaschule (Sa, 22 Uhr) steht deutschsprachiger Ska-Punk erster Klasse. Mit Efi tanzt (So, 13 Uhr) kommt am letzten „Fest“-Tag eine zu Salsa, Reggeaton und HipHop tanzende Truppe mit unterschiedlichen Handicaps. Ihre uneingeschränkte Beweglichkeit beweisen danach die Gewinnergruppen des 14. Karlsruher Street-Dance-Contests mit ihren Moves und Choreografien bei „Best Of The Show“ (So, 13.30 Uhr).
Das Acoustic-Poetry-Duo Maurice & Janis (So, 15.30 Uhr) probt die Kombi aus Spoken Words und Gitarre, mit „Was wäre wenn“ (So, 18.15 Uhr) spielt der „New Bands Festival“-Publikumssieger deutschen Poprock. Und nach Rocky Votolato (So, 19.30 Uhr), dem melancholischen Singer/Songwriter mit Punk-Vergangenheit, wird’s bei der japanischen Postrock-Band Mono (So, 21 Uhr) nochmal ziemlich heftig.
Die DJ-Bühne
Houselastig, aber kostenlos schallt’s von der DJ-Bühne: An den Reglern stehen den Fr über JSTS Dynamo (19 Uhr), „Sunset Club“-DJ Freddy (20 Uhr), Christoph Esch (21 Uhr), Nektarberlin (22 Uhr) und Voodoodecoder (23 Uhr) mit ihrem „Live-Electrix“-Set; am Sa „Mashody“-DJ-Contest-Gewinner Robert Kytzia (18 Uhr), Christian Plath (19 Uhr) und Martin Telemann (20 Uhr), Martin Mey (21 Uhr), Gerald (22 Uhr) und das Mannheimer Szene-Urgestein Oliver „Soundball“ Rack (23 Uhr); am So Gilbert (18 Uhr), „Got Wax“-DJ-Christian Kempf (19 Uhr), Peter Gohge (20 Uhr), König Saatgut (21 Uhr) und Lego (22 Uhr).
Die Kleinkunstbühne
Groß bespielt ist die ebenso im kostenpflichtigen Hügelbereich liegende Kleinkunstbühne: Das Komiker-Duo Florin und Cato (Fr, 19 Uhr) sind Herrchen und Hundchen; Daniel Bornhäuser (21 Uhr) ist Zauberkünstler. Dann heißt es Vorhang auf für die „Fest“-Varieté-Show (22.45 Uhr) mit dem Clown-Comedy-Duo Linne & Riesling, Lux Aeternas Feuerperformance und High-Tech-Entertainer Dobs Brugal, der mit Bällen auf seinem Jonglophon musiziert und später zeigt, was so alles in seinem Cyber-Koffer steckt.
Alexandra Gauger (14.30 Uhr) alias Fräulein Cäsar eröffnet am Sa mit ihrem nachmittäglichen Operncomedy-„Abend auf Dur und Dur“. Extra Art (16.45 Uhr) stehen für die lustigen Seiten der Artistik, Michael Krebs (18.30 Uhr) spielt „Kleinkunst Rock’n’Roll“, und die musikalische Comedy-Show der Lonely HusBand (Sa, 20.30 Uhr/So, 15.30 Uhr) gibt’s ebenso in doppelter Ausführung wie die Visual-Comedians Mr. Edd & Lefou (So, 14+17 Uhr) und Strings On Fire (Sa, 22.30 Uhr/So, 18.30 Uhr) mit ihrer virtuosen Violinen-Feuer-Show.
Der Sport- und Familienbereich
Im ticketfreien Sport- und Familienbereich werden wieder zahlreiche Mitmachaktionen für Kinder und Jugendliche angeboten. Zwei neue Programmpunkte parat hat dabei der „Fest Cup“: Beim „Best Of Skate“-Wettbewerb darf sich der via Youtube gekürte Kandidat mit Alex Mizurov messen. Außerdem macht die Süddeutsche Fingerboard-Meisterschaft auf dem Weg von Freiburg zum Finale nach Heilbronn einen Tourstopp im Sportpark der Klotze.
Die Cafébühne
Die Einstimmung in der Vorwoche besorgen von Sa-Do 16.-21.7. regionale Bands auf der Cafébühne beim „Fest am See“. Traditionelle Folklore mit mehrstimmigem Gesang in fünf Sprachen auf Rock, Funk und Rap ist das weltmusikalische Verständnis von El’an & Friends (Sa, 18 Uhr), es folgt die von Pumpkin Axel Schmid angeführte, auf Pop- und Rock-Covers sowie eigenes, meist deutsch gesungenes Material setzende Damian O’Connor Band (21 Uhr).
Volles Programm hält der So bereit: Nach dem Wössinger Gospelchor Fetz Domino (11 Uhr) spielt Singer/Songwriterin Eva Croissant (13.30 Uhr) ein Set in Begleitung, die Big Band der Pädagogischen Hochschule (16 Uhr) versteht sich neben ihren Jazz- und Soul-Klassikern auch auf Nummern aus Pop und Rock. Dann hüllen Double Tonic (18 Uhr) die Cafébühne in Küstennebel: Bei den gestandenen Karlsruher Jazzern mit der singenden Schottin verschwimmen keltische Folk-Songs mit Jazz und Pop.
Die „Fest“-geübten Gitarrenarbeiter Lea (21 Uhr) beschließen den Abend. Sowohl Blues-Übervater als auch Straßenkarneval tragen Muddy Grass (Mo, 18 Uhr) im Namen, deren Roots-Rock/Americana-Sound von den Groove Busters (21 Uhr) mit Funk, Rock und Blues vertrieben wird. Erstmalig konnten sich in diesem Jahr Bands um einen Auftritt in der „Fest“-Vorwoche bewerben. 168 Regio-Acts haben ihre Chance gesucht, die „School Jam“-Finalisten Arion Mace (Di, 18 Uhr) aus Bad Bergzabern mit ihrem Alternative Pop den Zuschlag erhalten. Dann gibt’s „Eine Nacht mit Teddy Schmacht“ (21 Uhr), dem entertainenden Schnulzier.
Nach der Blues-Pop-Soul-Melange von T-Sonic (Mi, 18 Uhr) aus Ludwigshafen arrangieren Justin Novas Curbside Prophets (21 Uhr) bekannte Pop-Nummern in tanzbare Funk-Rock-Reggae-Surf-Versionen um. 150 Musiker der Jugendorchester (Do, 17.30 Uhr) aus Karlsruhe sowie seinen Partnerstädten Halle, Nancy und Nottingham konzertieren unterm Motto „Come Together“ und schließlich macht die Seán Treacy Band (21 Uhr) ’ne weitere Kerbe in den Terminpfosten.
Einen Eintrittsfreien drauf setzt der Coke-Sound-Up-Truck, der ebenfalls am Do neben den Indie, Punk und Rock’n’Roll stilmixenden Rising Rockets (20 Uhr/Foto) die Ohrbooten (21.30 Uhr) samt teergetränkten Melodien und Falafel-Beats in die Nähe der Zeltbühne an der Ecke Wilhelm-Baur-Straße/Junker-und-Ruh-Weg karrt. Und in der Oval Lounge ist bereits ab Fr, 17.6. eine einstündige Slideshow von „Fest“-Fotograf Bernd Hentschel (Aufmacherfoto des Spezials)mit Impressionen der vergangenen fünf Jahre zu sehen. Die Vernissage beginnt um 18 Uhr.
Tickets zu fünf Euro für den Zugang zum Hügelbereich (Haupt- und Kleinkunstbühne) sind diesmal auch für den letzten „Fest“-Tag erforderlich. Zum Verkauf stehen aus Sicherheitsgründen nur noch 50.000 (statt vergangenes Jahr 60.000) Stück pro Tag, zu bekommen bei ausgewählten Filialen der Sparkasse Karlsruhe Ettlingen, den BNN-Geschäftsstellen, bei der Touristinformation am Hauptbahnhof, den Karlsruher E-Plus/Base-Filialen sowie online über die „Fest“-Website. -pat
Fr-So, 22.-24.7., Günther-Klotz-Anlage, Karlsruhe
www.festcup.de
www.dasfest.net
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Kommentare
Kommentar von Balkanbeats |
Gut da mit der Balkan Mucke
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