Eunique 2010
Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 11.06.2010
Europas größte Unikatschau - international und nachhaltig!
Ob beim Einrichten der eigenen vier Wände, der Gestaltung des Gartens oder beim Einkauf von Mode und Spielzeug, das Individuelle ist gefragter denn je. Was in Fachkreisen als „Sustainable Design“ Erfolge feiert, bezeichnet den Trend zum hochwertig und fair verarbeiteten Einzelstück. Solche Unikate heben sich zudem angenehm von den visuellen Hochglanzstandards unserer übersättigten Konsumgesellschaft ab.
Nachhaltigkeit ist auch ein Anliegen der Aussteller der Eunique 2010, der Messe für Kunsthandwerk und Design, die vom 11.-13.6. ihre neuesten Kreationen aus den Bereichen Interior Design, Fashion, Schmuck, Spielzeug und Outdoor präsentieren. Nach ihrem durchschlagenden Erfolg im letzten Jahr geht die Veranstaltung 2010 in die zweite Runde, ist mit über 400 Ausstellern fast doppelt so groß wie bei ihrer Premiere und avanciert so zur Leitmesse für Kunsthandwerk und Design in Kontinentaleuropa.
Einen gewaltigen Sprung schaffte das Messeprojekt auch in Sachen Internationalität: Es reisen Kunsthandwerker und Designer aus 20 Ländern an. „Die Eunique ist die neue internationale Plattform für Contacting, Austausch und Verkauf im Bereich Angewandte Kunst und Design in Europa“, sagt Britta Wirtz, Sprecherin der Geschäftsführung der Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH, welche die Messe 2009 aus der Taufe hob.
Der hohe Qualitätsanspruch und die Zusammenarbeit mit richtungsweisenden Verbänden und Hochschulen sind das Erfolgsrezept der Eunique. So unterstützt sie als ideeller Träger der World Crafts Council-Europe – der europaweite Zusammenschluss der Verbände im Kunsthandwerk – sowie ergänzend der Bund der Kunsthandwerker Baden-Württemberg, der Berufsverband Kunsthandwerk Rheinland-Pfalz und der hessische Berufsverband Angewandte Kunst Hessen. Auch 2010 ist die Zulassung durch die Fachjury Voraussetzung für alle Teilnehmer.
Unter den Ausstellern befinden sich viele Staatspreisträger und Designpreis-Gewinner. Die Gestalter stehen für Kunst und Handwerk auf höchstem Niveau; unter ihrer Hand werden Materialien wie Gold, Silber, Damast, Keramik, Glas, Holz und Leder durch kreative Verarbeitung zu Sammlerstücken. Dabei bietet die Eunique ein breites Spektrum aller Einrichtungsbereiche; Modeateliers und Designer stellen ihre Kollektionen oder Stoffe vor, renommierte Hutmacher zeigen Kopfschmuck für jeden Anlass, und Goldschmiede verbinden moderne und traditionelle Verarbeitungsmethoden von Holzschmuck bis Emaille in schmückenden Kostbarkeiten.
Interior Design
Mit seinen sich auf einfache kubische Elemente beschränkenden Kaminöfen aus Stahl und massivem Holz hat der Metallbaumeister Günter Matten aus dem pfälzischen Niederroßbach die Jury überzeugt. Die schnörkellosen Öfen stehen nicht nur für Sicherheit und hohe Funktionalität, gleichzeitig bilden die kühlen Töne der Feuerstelle auch einen ansprechenden Kontrast zu den Flammen. Matten spielt mit formalen Spannungen, so dass Proportionen und Rundungen, sanfte Schwünge und spitze Winkel nicht zum langweiligen Karg-Design entarten, sondern aktiv den Raum mitgestalten. Der Feuerraum des ausgezeichneten Kaminofens „Xeoos“ verbrennt das Holz mit Hilfe einer neuen Brenntechnik zweifach und umweltschonend und senkt so sogar die Emissionswerte.
Auch Michael Schwarzmüller hantiert mit dem Feuer: Die Kombination aus kreativem Potenzial, technisch versiertem Know-how und ungebändigter Gestaltungslust hat dem Karlsruher Glasbläser nicht nur zahllose Auszeichnungen, sondern auch seinen internationalen Ruf als Entwickler originärer Produkte eingebracht. Seine zierlich-verspielten Glasobjekte findet man u.a. in New Yorker Museumsshops, die fragilen Glas-Seegurken bereichern als künstlerische Apercus die Tische so mancher Gourmet-Tempel.
Mit den Spielformen des Porzellans befasst sich Angela Johe, die seit 2004 einen Lehrauftrag an der Karlsruher HfG wahrnimmt und ein eigenes Atelier in der Rudolfstraße bespielt. Die handgearbeiteten Einzelstücke der Keramikerin setzen sich mit tradierten und neuen Form-Auffassungen auseinander und überraschen durch ihre Zerbrechlichkeit und Zartheit.
Möbel und Schaustücke der besonderen Art fertigt Frank Berauer unter dem Label Eisenfrank. Privat- und Geschäftskunden auf der Suche nach Unikaten mit derbem Charme finden bei dem Altenburger Designer und Künstler von der Tür mit U-Boot-Anklängen über Vitrinen und Schränke mit Guckloch und edle schwere Stahl-Schreibtische auch komplette Raumkonzepte.
Outdoor
Keramikmeister Ulrich Witzmann ist Gestalter in dritter Generation und hat sich die Wiederbelebung des Kunsthandwerks zum Ziel gemacht. Die Werkstatt und Galerie in seinem Keramikhof in Nieder-Olm stehen Passanten offen, die der Entstehung seiner Wasserspiele und Objekte beiwohnen möchten. Die Formen seiner Wasserobjekte sind einem vierjährigen Peru-Aufenthalt geschuldet. Neben der ästhetischen Inspiration durch Landschaft und Natur, Kakteen und Felsen fließt in seine Arbeiten insbesondere der Aspekt der Kostbarkeit des Wassers ein.
Auch Kunstschmied Michael Gradinger tüftelt an Lösungen, die für eine breite Käuferschaft erschwinglich sind, aber trotzdem die Handschrift des Handwerks tragen und individuell sind. Sein Zaun, der als Stecksystem hergestellt wird, dessen einzelne Elemente aber in traditioneller Handarbeit geformt werden, schaffte es auf Platz zwei des Produktdesignpreises 2009 des Pfälzer Ministeriums für Wirtschaft. Gemeinsam mit Vater Hermann führt er das Mainzer Familienunternehmen Gradinger+Gradinger, das mit phantasievollen Entwürfen immer wieder internationale Ausstellungen u.a. in London, Paris und New York bereist.
Schmuck
Verspieltes Prasseln, anschmiegsame Formen und weiche Pastellfarben – die Kollektion der schwedischen Schmuck- und Industriedesignerin Ingrid Bärndal ist ein wahrer Botanischer Garten. Mit Experimentierlust und Fingerspitzengefühl kreiert sie Schmuckstücke, die das Sprießen des Frühjahrs, das Blühen des Sommers, die Frische des Herbsts und die Zerbrechlichkeit des Winters einfangen. Luftige Miniaturkonstrukte im Fadenkreuz von Licht und Schatten, so könnte man die Schmuckkreationen von Christiane Iken in Worte fassen. Die studierte Schmuckdesignerin und Goldschmiedemeisterin spielt mit geometrischen Strukturen und Spannungen, mit Leichtigkeit und Schwere, Hell und Dunkel. Seit 1997 vertreibt sie ihre Ringe, Colliers und Broschen in Eigenregie. Im „Goldenen Schnitt“ in der Karlsruher Herrenstraße ergänzt stets eine Auswahl zeitgenössischer Schmuckgestalter das Spektrum ihrer eigenen Arbeiten.
Spielzeug
Die Werkstattgemeinschaft der Oberammergauer Schnürlkasperl begeistert mit einem schier unerschöpflichen Repertoire an traditionellen Hampelmännern. Als Zentrum alpenländischer Schnitzkunst kam Oberammergau zu Weltruhm. Dabei waren neben religiösen Schnitzereien die profanen Holzpuppen nicht minder berühmt. In kleinen Familienbetrieben entstand im 18. und 19. Jahrhundert der weltbekannte „Schnürlkasperl“. Die Gründung der Werkstatt Anfang der Achtziger bedeutete einen bewussten Schritt zurück zu analogen Fertigungsmethoden. Bis heute entstehen hier historische und auch moderne Schnürlkasperl in Handarbeit; bei der Herstellung kommen traditionelle Spalt-Techniken, Kerbschnitt und Fassmalerei zum Einsatz.
Partnerland Belgien
Speziell vom Können der belgischen Kunsthandwerker können sich Messebesucher einen umfassenden Eindruck machen, denn Belgien ist das erste offizielle Partnerland der Eunique. 26 handverlesene Gestalter zeigen auf dem Gemeinschaftsstand kunsthandwerkliche Glanzlichter der Sparten Schmuck, Keramik, Textil und Interior Design. Mit „Design Flanders“ konnte eine der führenden Brüsseler Agenturen gewonnen werden, und das World Crafts Council Belgique Francophone aus Wallonien ist weithin für seine Förderarbeit am Kunsthandwerk bekannt. Eine Sonderschau zeigt außerdem eine Werksauswahl der teilnehmenden Künstler aus der renommierten Ausstellung European Prize For Applied Arts in Mons. Der als Triennale konzipierte Preis wurde im November 2009 erstmalig verliehen.
Das traditionslastige Flandern hat sich in den letzten Jahren zu einem der Hot-Spots für frisches Design gemausert. Viele Nachwuchsdesigner absolvieren hier eine Ausbildung, um dann ihre kreativen Grenzen in gut durchdachten Entwürfen auszureizen. Neben dem textilen Design haben auch das Gepäckdesign (Samsonite u.a.) und das Leuchten-Design Tradition in Flandern. Als internationale Präsentationsfläche und Showroom zeigt die Design Flanders Galerie im Brüsseler Zentrum in kontinuierlich wechselnden Ausstellungen belgisches Topdesign „made by flemish designers“, welche im Anschluss ins Ausland gehen – aktuell reist die Wanderausstellung „Je suis dada“ durch ganz Europa.
Die Hutmacherin Nicole Baert ist eines der aufstrebenden belgischen Designtalente. Ihre ungewöhnlichen Kollektionen kreisen um Themen aus Kunst, Musik und Literatur; die Reihe „Love Sonnets“ zitiert märchenhafte und mittelalterliche Themen: Schleier und Spitzen erinnern an altertümliche Sagen, grobmaschige Draperien an Bauernmägde und Aschenputtel. Die Keramikerin Mieke Seleslaagh arbeitet mit der traditionellen japanischen Raku-Technik, bei der die vorglasierten Gefäße im Freien gebrannt und anschließend in einem Behältnis mit Laub und Stroh aufbewahrt werden, wo sich Rauch, Lehm und Lasur verbinden und verändern. Weil der Brennvorgang so schwer zu steuern ist, erzählt jedes Gefäß eine eigene, einmalige Geschichte. Natürliche, kräftige Farben dominieren die an Pagoden erinnernden Teekannen, Schalen und Trinkbecher.
Erwähnenswert sind auch die „Glasjuwelen“ der Genter Designerin Elisabeth Leenknegt, deren kunterbunte Schmuckkollektionen belgische Magazincover schmücken. Die extravaganten Ketten, Ringe und Broschen sind zum Teil mit aufwändigen mundgeblasenen Details geschmückt und wirken trotz ihrem ausgesprochen jungen, flippigen Einschlag nicht wie billige Saisonartikel.
Der WCC-Belgique Francophone fördert Kunsthandwerker mit Öffentlichkeitsarbeit und internationaler Werbung. In der Galerie in den alten Schlachthäusern in Mons finden regelmäßig Ausstellungen statt wie zuletzt der vom WCC organisierte European Prize For Applied Arts. In jedem Sinne einmalig sind Frédérique Coomans Designs. Die Künstlerin umhäkelt ihre Schmuckstücke und Objekte aus Plexiglas mit naturfarbenen Stoffen. Dabei interessiert vor allem das Formspiel, aber auch die Ästhetik des Schmucks, der durch seinen neuen Kontext nun nicht mehr nach klassischen (finanziellen) Werten beurteilt werden soll, denn eine Loslösung vom elitären Designer-Bild ist der gelernten Stylistin und Schmuckdesignerin ein Bedürfnis.
Das kindlich-verspielte Forschen ist auch das Thema der Textildesignerin Marie Beguin, deren Kollektion den schönen Titel „Jardin“, Garten, trägt. Das Spiel mit Tiefe und Volumen ergründet Beguin auf vielfältige Weise; mal erinnern ihre Stücke an Origami, mal findet in den mehrlagig gewebten Mustern ein Dialog mit Licht und Raum statt. Wie faszinierende Tiere aus den Tiefen des Meers oder millionenfach vergrößerte Einzeller wirken Francoise Joris hauchdünne Porzellanobjekte. Die Künstlerin experimentiert mit Techniken des Zerkratzens, Verbindens und Entfremdens. Verbindungen mit Papierpulpe und textilen Fasern dienen ihr gleichermaßen dazu, traditionelle Assoziationen zu durchbrechen, wie auch, das Material selbst flexibler zu gestalten. -fb
Eunique – Europäische Messe für Angewandte Kunst & Design, 11.-13.6., je 11-19 Uhr, Messe Karlsruhe, Messeallee 1, Rheinstetten, Tickets zwölf Euro, ermäßigt zehn Euro
www.eu-nique.eu
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