Bauhaus, Weibel & Bielicky
Kunst & Ausstellungen // Artikel vom 16.02.2020
„Die ganze Welt ein Bauhaus“, gab der Dessauer Kunstprofessor Fritz Kuhr 1928 der Schule als Motto.
Die gesamte Moderne wollte das Bauhaus prägen, durch eine Architektur, die als Gesamtkunstwerk auch die Teekannen, Regale und Wandteppiche beinhaltet. Deswegen war sie, nach dem Vorbild der mittelalterlichen Dombauhütten, in Werkstätten mit Formmeistern und Werkmeistern organisiert: Zuerst kam das Handwerk, dann die Kunst. Selbstbewusst waren die Bauhäusler bereits zur Gründungszeit ab 1919, und es gelang ihnen schnell, die gesamte Avantgarde irgendwie mit einzubinden: Klee und Moholy-Nagy, Lyonel Feininger, Kandinsky und Mies van der Rohe waren Lehrer, in den Ausstellungen und Publikationen zeigte das Bauhaus Kunst von Picasso bis Malewitsch, zu den Vorträgen kamen Bela Bartok, El Lissitzky und ein Sufi-Meister. Schnell strahlte das Bauhaus international aus, die Studenten kamen auch aus Mexiko oder Japan.
In einer umfassenden und materialreichen Ausstellung zeigt das Ifa (Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart) die Geschichte des Bauhauses bis 1933, sie tourte bereits durch Südamerika und die USA, das ZKM ist die einzige Station in Deutschland. In acht Kapiteln erzählt sie von der Gemeinschaft, der Pädagogik und dem „neuen Menschen“, von den Grundfarben und Grundformen oder dem Bemühen, mit den Produkten Geld zu verdienen. Eindrucksvoll zieht sich „das Schwebende“ durch das Werk: bei den freischwingenden Stühlen aus Stahl, den luftleichten Lampen, Bildern von Klee oder Konstruktionen aus Glas, oder davon wie aus Kreis, Dreieck und Quadrat eine Holzkrippe oder eine elegante Teekanne entstand. Vieles davon ging in Serienproduktion. Auch die Diskussionen mit Johannes Itten, der die Studenten mit Atemübungen und vegetarischer Ernährung erziehen wollte, und der neue Tanz, der zu Oskar Schlemmers berühmten Balletts führte, werden aufgeblättert.
Nur im ZKM zu sehen ist der Einfluss des Bauhaus in Nordafrika und Lateinamerika, wo Avantgarde-Bewegungen eine eigene kulturelle und politische Entwicklung anstießen.
Sehenswert sind auch zwei weitere Ausstellungen: „Respektive Peter Weibel“ zeigt den künstlerischen Reichtum des ZKM-Vorstands, der seit den 1960er Jahren mit Sprache und Begriffen spielt, sich mit den Medien und der Wahrnehmung auseinandersetzt und immer wieder das Selbstverständliche in Frage stellt. Kunst, Politik und Ökonomie geraten ebenso in seinen Blick wie die Bedingungen der Kreativität. Visuelle Poesie, experimentelle Literatur und Performances und bereits ab 1966 partizipatorische und interaktive Werke – Weibel war stets Avantgardist. Die Ausstellung bietet mit Filmen, Fotos und Videokunst erstmals einen Überblick über sein Gesamtwerk zwischen Kunst und Wissenschaft.
Auch von Michael Bielicky, der bei Nam June Paik studierte und jetzt Professor an der HfG ist, wird ein Überblick gezeigt, seine Werke stehen oft an der Grenze zwischen Analogem und Digitalem, Realem und Virtuellem: Ironisch und kritisch reflektiert er die mediale Gegenwart. Mit den „Data-Driven Narratives“ schafft er mit Kamila Richter raumgreifende Netzkunstwerke. Seine mannshohe Menora (ein siebenarmiger Leuchter) mit den sieben Bildschirmen, auf denen Kerzenflammen leuchten, ist das erste Werk, dass das ZKM 1989 ankaufte. Zu sehen sind auch Werke, in denen er sich mit seiner Herkunft auseinandersetzt wie die Videoarbeit „Golem Is Alife“, in der Bielicky 1989 über den verschneiten jüdischen Friedhof in Prag geht. -gepa
Die ganze Welt ein Bauhaus: bis 16.2., Peter Weibel & Michael Bielicky: bis 8.3., ZKM, Karlsruhe
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