„Ueber Macht“-Filmfestival
Kino & Film // Artikel vom 13.10.2009
Diese Gesellschafter investieren ausschließlich in die sozialpolitische Sache.
Und seit ihrer Gründung im Jahr 2006 verschafft sich die Initiative der Aktion Mensch unter anderem mit bundesweit wandernden Filmfestivals Aufmerksamkeit: Nach „Ueber Arbeiten“ und „Ueber Morgen“ läuft nun „Ueber Macht“ mit acht kontroversen Dokus zum Themenkomplex „Kontrolle, Regeln, Selbstbestimmung“ für anderthalb Monate in der Schauburg.
Gleich die erste Filmrolle wirft ein vieldiskutiertes Politikum auf die Leinwand: Wie sicher sind genetisch veränderte Lebensmittel? Das untersucht „Monsanto, mit Gift und Genen“, Marie-Monique Robins Recherche in einem US-Saatgut-Konzern, der auch Forschungsergebnisse manipuliert (15.10.). Ein lokaler Pate begleitet die Vorstellungen fachlich; den einführenden Vortrag zum Auftaktfilm hält Isabella Kober von Greenpeace Karlsruhe.
Mit „Die Schuld, eine Frau zu sein“ (22.10.) ist die sich gegen archaische Machtsysteme und patriarchalische Unterdrückung wendende Produktion von Mohammed Naqvi überschrieben. Ein Vertreter von Amnesty International Karlsruhe referiert anschließend zu Frauenrechten in Pakistan.
In „Zuoz – Schule der Elite“ (29.10.) porträtiert Daniella Marxer das pompöse Schweizer Berginternat Lyceum Alpinum, in das die Führungselite Europas ihren Nachwuchs steckt; Individualität und eigenständiges Denken stehen hier jedoch nicht auf dem Lehrplan. Zur Podiumsdiskussion wird unter anderem der Direktor der Europaschule, Tom Høyem, erwartet.
Mit viel verstörender Aktualität aufgeladen ist „Faustrecht“ (5.11.). Um die beiden 16-jährigen Hauptpersonen hinter Statistiken und Zeitungsschlagzeilen zeichnen die Eidgenossen Robi Müller und Bernard Weber in ihrer Langzeitbeobachtung ein differenziertes Bild von engagierten Helfern, überforderten Therapeuten und Eltern, die zwischen Ratlosigkeit und Desinteresse schwanken. Zur Diskussion geladen sind Vertreter der Initiative Medienmensch Karlsruhe und dem Verein für Jugendhilfe Karlsruhe.
Ein sehr persönliches Regiedebüt präsentiert die französische Actrice Sandrine Bonnaire, die in „Ihr Name ist Sabine“ (12.11.) das Schicksal ihrer autistischen kleinen Schwester nachzeichnet. Nach einer emotionalen Krise wird sie so lange mit Psychopharmaka kaputttherapiert, bis sich alle kreative Persönlichkeit in bloßer Apathie ergeht. Das Rahmenprogramm gestaltet der Verein Autismus Karlsruhe.
Weiter geht’s mit einer Form von Kontrollverlust in unserer krankmachenden
Überflussgesellschaft: „Die dünnen Mädchen“ (19.11.). Maria Theresa Camoglio hat aufgezeichnet, wie acht magersüchtige Frauen langsam wieder eine Beziehung zu ihrem ausgemergelten Körper aufbauen. Fürs Rahmenprogramm zuständig ist das Rote Kreuz, eine Ernährungsberaterin der AOK, die Selbsthilfegruppe Essstörungen und die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie.
„Ruhnama – Im Schatten des heiligen Buches“ (26.11.) gewährt dann Einblick in den Unterdrückungsapparat seines Autors Saparmurat Nijasow, kürzlich verstorbener Diktator von Turkmenistan. Fachlich begleitet wird der Abend vom einführenden Vortrag eines Berliner Turkulogen und der Gesellschaft für bedrohte Völker.
Zum Finale des Festivals wird das Doku-Drama „Strange Culture/Fremdkulturen“ (3.12.) gespielt. Im Mittelpunkt zwischen Interviews und nachgestellten Szenen steht allerdings nicht die britische Starmimin Tilda Swinton, sondern Steve Kurtz, Performance-Künstler und Kunst-Professor an der Universität von Buffalo. Dessen Werk befasst sich mit harmlosen Bakterienkulturen; im Zuge des 9/11-Traumas gerät Kurtz deshalb unter Bio-Terrorismus-Verdacht – 20 Jahre Haft drohen. Regisseurin Lynn Hershman Leesons Film ist Teil einer internationalen Soli-Aktion. Filmpartner: die zum philosophischen Gespräch mit der Multimedia-Künstlerin Isis Chi Gambatté bittende Kunstsozietät Viribus Unitis. -pat
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