INKA Stadtmagazin #168
Inka Ausgaben // Artikel vom 01.12.2022
Der Gemeinderat hat einige Themen unserer Oktober-Ausgaben behandelt.
Nach Protesten allerorten und Demos gegen die Fällung aller Platanen auf der Kaiserstraße geht der Vorgang wieder an den Fachbereich zur weiteren Abwägung zurück. Bei den ungleich wichtigeren Fragen – nämlich dem Verhältnis der Stadt zur Gröner Group sprich dem Verkauf der Majolika sowie dem Bebauungsplan des neuen Stadtviertels in der Nordstadt – folgte der Rat dem der Immogruppe freundlich zugewandten OB. Dabei sollte man gewarnt sein.
Planungsfehler haben die Stadt schon rund 140 Mio. Euro gekostet. Nicht gerechnet sind hier die rund 67 Mio. für die Außengestaltung des Staatstheaters und das 100 Mio.-Debakel Stuttgarter Straße. Ein glückliches Händchen hat die Stadt bei den doch eigentlich einträglichen Immobiliengeschäften der vergangenen zehn Jahre nicht gehabt. Was die Nordstadt betrifft: Christoph Gröner hat bei der Umwandlung seiner Group vornehmlich die laufenden Projekte geerbt. Bei x-fachen Preissteigerungen beim Bau ein riskantes Ding, nur durch superhohe Verkäufe und Mieten zu refinanzieren. Wenn es dumm läuft, muss die Stadt eine riesige Bauruine fertigstellen. Nicht mal zusätzliche Sozialwohnungen wurden hier durchgesetzt. Die Haushaltseinschnitte für alle aber sind drastisch.
Karstadt bleibt? Doch nicht? Wie es laufen kann, zeigt Stuttgart. Dort setzte sich der OB für einen Immodeal mit Benko ein, der ein großes innerstädtisches Grundstück bekam und dort auch Wohnungen bauen sollte. Nun aber baut er dort Büros und Gewerbeeinheiten – die zugesagten Wohnungen baut er irgendwo anders. Ein ebenfalls berüchtigter in Immodeals involvierter Karlsruher Unternehmer ist Siegfried Weber. Unglücklicherweise hat er mit dem Bandprojekt ein Grundstück, das dringend benötigte Bandproberäume samt für dessen Finanzierung unerlässlicher Veranstaltungslocations beherbergen soll. Zuvor waren Proberäume für über 100 Bands durch Grundstückskäufe der Gröner Group in mehreren Stadtteilen „anderen Nutzungen“ zugeführt worden. Da die Location an der B36 (hinter Dehner) an Wohnbebauung heranragt, hat sich dort eine IG von nahezu 100 Parteien gebildet. Die traut bisher quasi allen Zusagen über Lärmschutz (bei Proberäumen wie Eventbetrieb) nicht über den Weg. Bei der ersten Versammlung drohte Weber den Anwohnern unverhohlen damit, wenn sie nicht zustimmten, würde er ihnen die auf seinem Grundstück ansässige Spedition permanent „direkt durchs Wohngebiet jagen“. Schöne Aussichten. Da die Stadt ja in zig Gerichtsverfahren mit ihm verwickelt war und (vermutlich) ist, könnte man ja auch hier mal einen „Deal“ machen. Wie wäre es in der Gröner-Lounge im Wildpark? Für Proberäume. Auch wenn diese laut OB keine „Daseinsfürsorge“ darstellen.
Geht es noch schlimmer? Ja, liest man die BNN-Texte (Stand: 24.11.) zum Thema Jan Boelen an der Hochschule für Gestaltung, könnte man den Eindruck bekommen, dass am besten Gerichte die Lehrtätigkeit an der HfG ausüben. Denn der abgewählte HfG-Rektor Boelen hat wegen eines Formfehlers erfolgreich gegen seine Abwahl geklagt, eine neuerliche Abwahl ist angekündigt. Mit neuer Offenheit, einer Vielzahl an Veranstaltungen und einer hohen Ausstellungsdichte für die StudentInnen hatte die Trio-Interimsleitung der HfG um Prof. Constanze Fischbeck neben Vorschlägen für die längst überfälligen neuen Professuren zügig und professionell frischen Wind in die HfG gebracht. Laut Gericht soll Boelen zurückkehren und muss (!) wieder sein Amt ausüben. Besser wäre, er würde dies nicht tun. Denn die BNN zitieren Boelen, er werde alle Entscheidungen, die seither fielen, prüfen. Und damit sind wohl auch die überfälligen fünf neuen Professuren für das kommende Semester gemeint, ohne die ein regulärer Hochschulbetrieb nicht darstellbar wäre. Würde Boelen tatsächlich „agierend“ an die HfG zurückkehren, wäre dies ein Beleg, dass es dem Belgier nur um eine Abfindung geht – und nicht um das Wohlergehen der Hochschule. Letztlich bearbeitet die aktuelle HfG den schlimmen Reformstau der noch immer nicht aufgearbeiteten Amtszeit Sloterdijks. Eine Zeit der Agonie, die man kaum verklären kann und die schwer überschattet ist: Sloterdijks langjähriger Assistent Marc Jongen ist AfD-Kultursprecher im Bundestag und könnte übrigens ebenfalls als Lehrender an die HfG zurückkehren. Sprich: Eine tendenziöse „alte Zeiten“ glorifizierende „Berichterstattung“, die die BNN hier abliefert – während sie gleichzeitig die Kulturseiten deutlich zurückgefahren hat.
Dafür gibt’s auch Positives zu vermelden: Ende November ist eine vorsichtige Wiederbelebung des Kulturlebens zu verzeichnen! Und es gibt einen geordneten Übergang von „art Karlsruhe“-Kurator Ewald Schrade zu einer neuen Doppelspitze aus der langjährigen Orga-Chefin der Kunstmesse, der Kunsthistorikerin Olga Blaß, und dem Berliner Galeristen Kristian Jarmuschek, die ab 2024 amtieren.
Wir verabschieden uns mit dieser Doppelausgabe bis 8.1.23 in die Winterpause und wünschen allen LeserInnen, unseren Medienpartnern und Anzeigenkunden einen kulturell spannenden Dezember, schöne Weihnachtstage und einen guten Rutsch!
Roger Waltz, Patrick Wurster, Julia Heiß, Christina Lagler & das gesamte INKA-Team
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