Verschoben: Tanz Karlsruhe 2020
Bühne & Klassik // Artikel vom 03.11.2020
Zuletzt haben die „Salzburger Festspiele“ vorgemacht, wie sich trotz und während der Pandemie mit vielen Tests auch im Vorfeld hohe Besucherzahlen, nämlich über 70.000, ohne jeden neu aufgetretenen Fall durchführen lassen.
Zählt also in Österreich die Kultur eher zum Allgemeingut als hier? Ja, das kann und das muss man so sehen. Kritiker werden einwenden, dass der „gesittete“ klassische Konzert- und Opern-Betrieb sich nicht mit dem „ungesitteten“ wie Rock-Konzerten oder Party-Events vergleichen lasse. Vielleicht. Nur warum ist auch dieser weiterhin so massiv eingeschränkt? Denn gerade die darstellenden und performativen Künste wie Konzerte, Tanz, Schauspiel, die Chöre – sie unterliegen quasi einem Berufsverbot. Während draußen in den dicht frequentierten Straßen, Bars und Plätzen Honks und Hools und nicht zuletzt die Corona-Nazis auf Demos gesundheitsgefährdend für alle jedes Pandemierisiko gehen – und dies dürfen. Daher freuen wir uns sehr, dass „Tanz Karlsruhe“ 2020 stattfindet und wünschen dem Festival regen Besuch. -rw
Lange Nacht Spezial – Starke Stücke aus Baden-Württemberg
Meist schon im Vorfeld völlig ausverkauft ist das Kultformat „Die Lange Nacht der kurzen Stücke“, das diesmal als kompakte Corona-Spezialausgabe im Tollhaus zu erleben ist. Die Tanzszene aus Ba-Wü stellt sich mit ausgewählten Stücken, Gruppen und SolistenInnen in bis zu 20-minütigen Stücken vor. Dabei sind Kirill Berezovski/Amelia Eisen („No-Thing/No-Where“, Mannheim), Anne-Hélène Kotoujansky („Achtundzwanzig: Was ich mit dem Tanzen bis jetzt gelernt habe“, Kehl), Domenico Strazzeri „Kürzel/Tomatensalat“, Strado Compagnia Danza, Ulm (Foto), Johannes Blattner („Vanishing Act“, Stuttgart), Karolin Stächele („Naked Love“, Dagada Dance Company, Freiburg) und William Sánchez H. („No Name das Muxica“, Lahr). Die Choreografinnen und Tänzerinnen Daniela Max und Paula Kukawka kommen aus Karlsruhe und zeigen „Serendipity“. Beide arbeiten auch als Tanzpädagoginnen, Paula Kukawa war Part der Sasha-Waltz-Ausstellung im ZKM und tanzt auch in Stücken von Sarah Kiesecker. Diese zeigt mit Dominik Höß und der Jazzaret Dance Company „Nerea – Instandhaltungsmaßnahmen“. Ein intensiver Auftakt des Festivals! -rw
Di, 3.11., 20 Uhr, Tollhaus, Karlsruhe
Sarah Kiesecker & Dominik Höß – „Blank Canvas“
Zwei Tänzer, zwei Stile, unzählige Möglichkeiten und ein unnachgiebig ablaufender Timer: Wie entsteht ein Stück? Wie beeinflusst die Anwesenheit von ZuschauerInnen den choreografischen Prozess? Wie entsteht aus den Ideen zweier Tänzer in limitierter Zeit eine Aufführung? Sarah Kiesecker und Dominik Höß begeben sich in einen offenen Raum aus choreografischen Möglichkeiten. Wie eine leere Leinwand wird der Bühnenraum während der Performance „beschrieben und bemalt“. „Blank Canvas“ wurde erstmals 2020 beim „Salonfestival Karlsruhe“ aufgeführt und im Rahmen von „Toujours Kultur!“ für den Tempel weiterentwickelt. -rw
Fr+Sa, 6.+7.11., 20 Uhr, Tempel, Scenario Halle, Karlsruhe
Bewegung in der Stadt – Tanzvideos von und mit Karlsruher TänzerInnen
Für große Begeisterung sorgte Mitte Juli die Präsentation des neuen Serienformats „Bewegung in der Stadt“ von „Tanz Karlsruhe“. In Kooperation mit der Initiative zeitgenössischer Tanz in Karlsruhe entstanden Tanzvideos mit gesprochenen Texten der TänzerInnen. Ein in der Tat bewegendes Video-Format! Drehort der außergewöhnlichen Videoporträts war das Kulturzentrum Tempel. Die neue zweite Staffel (8.11.) zeigt Tanzschaffende, die durch ihr langjähriges Wirken die Tanzlandschaft in der Stadt geprägt haben. Das nachhaltige Format will die Tanzschaffenden in der Stadt stärken und soll in Zukunft neben den regulären Auftritten weitergeführt werden. Die beteiligten TänzerInnen der ersten Staffel (10.11.) waren Dominik Höß, Gustavo Gorosito, Julia Holzmüller, Kathrin Panitz, Maximilian Münch, Paula Kukawka, Pia, Sarah Kiesecker, Shaked Dagan, Tamara Bettemir und Valentina Moar (Produktion: Irina Castillo, Tamara Bettemir und Martin Holder, Video: Alex Hauk, Ton: David Luchow). -rw
So+Di, 8.+10.11., 20 Uhr, Tempel, Scenario Halle, Karlsruhe
Van Grimde Corps Secrets – „Eve 2050“
Als Deutschlandpremiere kommt diese kanadische Produktion ins ZKM. „Eve 2050“ lädt zu einer künstlerischen, ästhetischen und ethischen Reflexion über die Zukunft von Mensch und Körper im Zeitalter von Biomedizin und künstlicher Intelligenz. Die Arbeit kombiniert Tanz, Video, Musik, visuelle und digitale Kunst. Eve steht dabei symbolisch für den zukünftigen Menschen: männlich, weiblich, transgender, Kind, Erwachsener, ein durch Technologien erweiterter oder mit anderen Spezies hybridisierter Körper. Live teilen sich Performer und Publikum einen Raum mit fast kontemplativer Atmosphäre. Transparente, holografische Paneele zeigen Bilder von Eve, die mit den in Echtzeit aufgenommenen Bildern der Anwesenden interagieren. Körper der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschmelzen. „Eve 2050“ ist das Ergebnis jahrelanger Recherchen der Choreografin Isabelle Van Grimde. Wir sind gespannt! -rw
Mi+Do, 11.+12.11., 20+21 Uhr, ZKM-Medientheater, Karlsruhe
Bridget Breiner – „Wachgeküsset“
Einen Abend für Fans des klassischen Balletts mit zwei choreografischen Uraufführungen von Lynne Charles und Jeroen Verbruggen präsentiert Bridget Breiner als Festivalbeitrag. „Auroras Hochzeit“, im Kern der dritte Akt aus Dornröschen, ist berühmt für seine märchenhaften Duette und Ensemblenummern, „Der Feuervogel“ entführt in die Fantasiewelt russischer Mythologie. Es spielt die Badische Staatskapelle unter Yura Yang. -rw
Sa, 14.11., 20 Uhr, Staatstheater, Karlsruhe
Club Guy & Roni, Slagwerk Den Haag, Tomoko Mukaiyama – „Swan Lake“
Der Begriff „Schwarzer Schwan“ bezeichnet zumeist ökonomische Phänomene, die aus dem Nichts kommen, aber schwere systemische Schäden auslösen. Dem Schwarzen Schwan aus Covid-19 und der Klimakrise stellt die internationale Tanzgruppe Club Guy & Roni aus den Niederlanden unser ja geradezu märchenhaftes demokratisches Verbraucherparadies gegenüber: Die Tanzgruppe hat den Ballett-Klassiker „Schwanensee“ remixt, der parallel online und offline an drei Orten im Theater stattfindet. Das Livepublikum wandert zeitversetzt von Szene zu Szene und bestimmt dabei den Verlauf der Aufführung mit. Auch die Teilnehmer des Onlinespiel „Swan Lake“ können definieren, wie das Märchen endet. -rw
Deutschland-Premiere: Sa+So, 14.+15.11., 19 Uhr, ZKM-Medientheater, Karlsruhe (!!!abgesagt!!)
Preisträger des 24. Internationalen Solo-Tanz-Theater-Festivals
Zeitgenössischer Tanz in seiner Urform, reduziert auf den Kern von Körpersprache und Ausdruck, die Essenz der choreografischen Kunst: Das sind die Herausforderungen, die das Solo an junge ChoreografInnen stellt. Ein Programm, das Entdeckungen für die Szene von morgen verspricht. Mit dabei sind Muhammed Kaltuk (Türkei) mit „Five“, das von Egon Gerber getanzt wird, die schwedische Tänzerin und Choreografin Cassandra Arnmark, auf deren poetischen Umgang mit dem Körper im Raum und die Verwobenheit von Musik und Tanz man gespannt sein darf, Tin Yeung Huen (HK), Anat Oz (Israel) und Tassembédo Evariste Mathieu Lamoussa aus Burkina Faso. -rw
So, 16.11., 20 Uhr, Tempel, Scenario Halle, Karlsruhe
Po-Cheng Tsai & Tanzmainz
Po-Cheng Tsai gilt als einer der Shootingstars der asiatischen Tanzszene. Als Choreograf und Tänzer hat er viele internationale Choreografie-Wettbewerbe gewonnen. Als er 2019 mit seiner eigenen Company während des „Tanzmainz Festivals“ seine Choreografie „Floating Flowers“ im Großen Haus zeigte, riss es das Publikum zu Standing Ovations hin. Ganz schön viele Lorbeeren für einen erst 32-Jährigen! Aber der Mann aus Taipeh choreografiert bereits seit 17 Jahren und ist auch selbst ein exzellenter Tänzer. Es gelingt ihm, zeitgenössischen westlichen Tanz, Techniken des Urban Dance und asiatische Bewegungstraditionen zu einer eigenen Tanzsprache zu verschmelzen. -rw
Uraufführung: Di, 17.11., 20 Uhr, Tollhaus, Karlsruhe
Film: Als wir tanzten
Zum Abschluss des Festivals zeigt die Kinemathek das mitreißende Liebes- und Tanzdrama „Als wir tanzten“ des schwedischen Regisseurs Levan Akin. Der Film mit Hauptdarsteller Levan Gelbakhiani, einem der Shootingstars der „Berlinale“ 2020, wurde auch in Cannes als Entdeckung gefeiert. Der Queer-Feindlichkeit, die in Georgien erschreckend weit verbreitet ist, hält der Regisseur, dessen Familie selbst aus dem Land stammt, eine entschiedene Feier von nicht-heterosexueller Liebe entgegen. Der Film läuft in der Originalfassung mit dt. Untertiteln. -rw
Fr, 20.11.+So, 22 11., 19 Uhr, Kinemathek, Karlsruhe
!!! verschoben auf Frühjahr/Sommer 2021!!!
www.kulturzentrum-tempel.de
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