Das Sandkorn-Interview

Bühne & Klassik // Artikel vom 10.06.2009

Liest man die Statements verschiedener Gemeinderatsmitglieder während der Haushaltsberatungen in Bezug auf das Sandkorn, so meint man, das letzte Stündlein des Karlsruher Theaters habe geschlagen.

Es gehe ums „Existenzielle“, Strukturprobleme, und trotz gestiegener Qualität der Aufführungen um einen „Besucherschwund“. Unterm Strich wurde der Sandkorn-Antrag für eine Erhöhung der städtischen Zuschüsse abgelehnt.

Roger Waltz sprach mit den Sandkorn-Regisseuren und Programm-Planern Steffi Lackner und Erik Rastetter über die aktuelle Lage, über Zuschauerzahlen, zu schwierige Stücke und die Zukunft des Sandkorn-Theaters.

INKA: Wozu hattet ihr eine Erhöhung der Zuschüsse beantragt und wie steht ihr zu den Statements im Gemeinderat?
Sandkorn: Seit Jahren haben wir nur äußerst geringe oder gar keine Zuschusserhöhungen erhalten, die wir ohne Qualitätsverlust auffangen mu­ssten, und das bei enorm gestiegenen Kosten in Bezug auf Lebenshaltungskosten und Honorare der Schauspieler, Stücktantiemen und Energiekosten. Eine Personalverstärkung vor allem im Bereich Theaterpädagogik wäre dringend erforderlich, desgleichen eine Erneuerung der Technik und der Theatergrundausstattung wie z.B. feuersichere Vorhänge. Wir sind sehr geschockt darüber, dass man uns selbst den Kompromissvorschlag von 10.000 Euro, den die KAL und die CDU unterstützt haben, verweigert. Und vor allem sind wir von den Argumenten sehr betroffen, die jeglicher Grundlage z.B. hinsichtlich des Publikumszuspruchs entbehren. Wir hatten im Jahr 2008 mit knapp 48.000 Besuchern um die 5.000 Zuschauer mehr als 2007, und dabei ist unser Auftritt bei den Special Olympics vor 10.000 Zuschauern mit den SP!NNERN! nicht mitgerechnet.

INKA: Wie sind denn die aktuellen Besucherzahlen?
Sandkorn: Im Januar 09 hatten wir einen leichten Zuschauerrückgang, aber die Situation hat sich im Februar und März wieder gebessert und wir sind wieder auf dem Vorjahresstand. Wir hoffen, dass die Leute auch jetzt, wenn es warm wird, noch ins Theater gehen, sie können ja auch danach noch im Biergarten sitzen!

INKA: Lässt sich denn ein Zusammenhang zwischen niedrigen Besucherzahlen und schwierigen Stücken herstellen?
Sandkorn: Es ist sicher so, dass schwierige Stücke wie Uraufführungen noch unbekannter Autoren oder Problemstücke in der Publikumsgunst nicht so hoch stehen. Andererseits bemerken wir, dass die Zuschauer durchaus auch im freien Verkauf nicht gerade leichte Kost wie „Der Prozess“ von Franz Kafka oder aktuell „Die Räuber“ von Schiller durchaus gut annehmen und schätzen.

INKA: Hat die Ablehnung einer Erhöhung des städtischen Zuschusses konkrete Auswirkungen auf die Ensemblearbeit und/oder die gebuchten Gastspiele? Stehen neue Eigenproduktionen auf dem Prüfstand?
Sandkorn: Wir haben derzeit ab Juni 09 unser fes­tes Ensemble verkleinert – das ist natürlich eine starke Spielplan-Einschränkung, denn wenn weniger Schauspieler zur Verfügung stehen, scheidet manch spannendes Stück von vornherein aus.

INKA: Theatergänger sind ja nicht beliebig vermehrbar. Wie seht ihr die aktuelle Situation in Karlsruhe, auch angesichts des Stabwechsels im Kammertheater und dessen geplanter zweiter Spielstätte in den Räumen der ehemaligen Krone am Marktplatz?
Sandkorn: Das werden wir abwarten, wir eröffnen jedenfalls keine Theaterkneipe und wir hoffen auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Kammertheater. Und Boulevard-Theater ist ja nicht unser Geschäft.

INKA: Was haben die Theaterfans konkret vom neuen Spielplan 2009/2010 zu erwarten? Werdet ihr euren Spielplan neu justieren?
Sandkorn: Ganz konkret werden wir die Spielzeit mit einem Bühnenklassiker eröffnen: „Der Besuch der alten Dame“ von Friedrich Dürrenmatt am 15.10. Es wird ein großes Kinderstück geben, „Das Dschungelbuch“, ein neues Kabarettprogramm, intelligente, überraschende Stücke am Puls der Zeit und Klassiker der Theaterliteratur, das sind die Prioritäten – und das wieder für alle Generationen und barrierefrei (zumindest im Fabriktheater). Wir erfinden uns nicht täglich neu, aber wir justieren uns immer wieder neu.

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